Um den Gehalt von Ibuprofen-Suspensionen zu bestimmen, kann eine Säure-Base-Titration durchgeführt werden. (Foto: bigy9950 / AdobeStock)
Um trotz der angespannten Engpasslage Kinder mit Fiebersäften versorgen zu können, stellen derzeit viele Apotheken Ibuprofen-Suspensionen im Rahmen der Defektur her. Um die Prüfung dieser zu erleichtern, hat das Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker eine Prüfvorschrift zur Gehaltsbestimmung veröffentlicht.
Um die Patientenversorgung trotz Lieferengpässen sicherzustellen, brummt in vielen Apotheken die Defektur. Auch bei den häufig nachgefragten Ibuprofen-Suspensionen lohnt sich vielerorts die Herstellung auf Vorrat. Zur Erinnerung: Anders als Rezepturen werden Defekturarzneimittel in der Apotheke im Voraus und mit einer maximalen Chargengröße von 100 Packungen pro Tag hergestellt. Ebenfalls wichtig: Bei Defekturen ist eine analytische Prüfung verbindlich vorgeschrieben.
Die Prüfung wird dabei nach einem risikobasierten Stufenmodell (nach DAC Anlage J) geplant und durchgeführt. Den Umfang der durchzuführenden analytischen Prüfungen bestimmt dabei die Risikoabschätzung der fertigen Zubereitung. Bei einer flüssigen, oralen Arzneiform kann als einfache quantitative Methode eine Bestimmung des Gehalts sinnvoll sein. Um die Durchführung dieser Gehaltsbestimmung zu erleichtern, hat das Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker (ZL) nun eine Prüfvorschrift für Ibuprofen-Säfte vorgestellt.
Ibuprofen ist in Wasser praktisch unlöslich, deshalb müssen flüssige Darreichungsformen zum Einnehmen als Suspensionen hergestellt werden. Ein geprüfter Rezepturvorschlag für eine einfache Ibuprofen-Suspension sieht folgendermaßen aus:
Grundlage für Suspensionen zum Einnehmen DAC (NRF S.52.)
Um ein homogenes Aufschütteln des Wirkstoffs zu ermöglichen, soll das ausgewählte Primärpackmittel etwa das doppelte Volumen der fertigen Suspension besitzen. Die Aufbrauchsfrist der Zubereitungen kann mit drei Monaten festgelegt werden.
Chemisch gesehen gehört Ibuprofen zur Gruppe der Propionsäureverbindungen. Zur Gehaltsbestimmung eignet sich die enthaltene Säuregruppe. Diese kann durch eine Säure-Base-Titration mit Natronlauge (Natriumhydroxid-Lösung) quantitativ bestimmt werden. Als Indikator ist Phenolphthalein geeignet.
Die Säure-Base-Titration ist ein Verfahren zur quantitativen Bestimmung von Stoffen, das auf der Reaktion einer Säure mit einer Base beruht.
Der Punkt, an dem Säure und Base genau im Verhältnis 1:1 reagiert haben, wird als Äquivalenzpunkt bezeichnet. Dieser Punkt wird mithilfe eines passenden Indikators sichtbar gemacht. Durch Ablesen der bis zu diesem Punkt benötigten Menge an Maßlösung lässt sich auf die Konzentration der Probenlösung zurückschließen.
Bei Phenolphthalein handelt es sich um einen der am häufigsten verwendeten pH-Indikatoren. Der Triphenylmethan-Farbstoff ist zunächst farblos, am Umschlagspunkt verfärbt er sich rötlich-lila. Phenolphtalein ist in Wasser nicht löslich und wird daher meist als 0,1%ige alkoholische Lösung eingesetzt.
Laut Zentrallaboratorium sollen zur Durchführung der Säure-Base-Titration folgende Geräte und Materialien bereitgestellt werden:
Die Phenolphtalein-Lösung R1 (Ph. Eur.) wird vor Beginn hergestellt. Dazu werden 0,1 g Phenolphtalein in einen 10-ml-Messkolben eingewogen, in Ethanol 96 % (V/V) gelöst und anschließend mit Lösungsmittel bis zur Markierung aufgefüllt.
Die Natriumhydroxid-Maßlösung sollte möglichst nur frisch geöffnet verwendet werden. Denn hat Natronlauge längere Zeit Kontakt mit Luft, kann es unter dem Einfluss von Kohlenstoffdioxid zu einer teilweisen Umwandlung in eine Natriumcarbonat-Lösung kommen. Deshalb muss bei einer bereits geöffneten Natronlauge vor ihrer Verwendung der Titer bestimmt werden.
Unter dem Titer versteht man in der analytischen Chemie die Abweichung der tatsächlichen Konzentration (cist) von der Nennkonzentration (csoll).
Im Fall der Natriumhydroxid(NaOH)-Lösung wird der Titer anhand der enthaltenen Hydroxid-Ionen (OH--Ionen) ermittelt. Der genaue Gehalt an Hydroxid-Ionen lässt sich durch den Verbrauch an Natronlauge zur Neutralisation einer bekannten Menge an Säure bestimmten. Als Säure kann der Feststoff Oxalsäure-Dihydrat verwendet werden, dieser wird dazu in Wasser gelöst.
Bei der Gehaltsbestimmung von Ibuprofen-Suspensionen handelt es sich – wie bereits erwähnt – um eine Säure-Base-Titration. Bei dieser werden neben Ibuprofen auch alle anderen in der Zubereitung enthaltenen Säuren erfasst. Da die Grundlage für Suspensionen zum Einnehmen DAC beispielsweise Citronensäure enthält, muss vor der eigentlichen Titration des Wirkstoffs zunächst eine Blindtitration durchgeführt werden.
Die Blindtitration oder Blindprobe erfolgt vor der eigentlichen Gehaltsbestimmung. Dabei wird die Titration mit allen Reagenzien durchgeführt, als Probe jedoch lediglich das Lösungsmittel (hier: Suspensionsgrundlage) ohne den zu analysierenden Stoff titriert. Dadurch soll der Verbrauch an Maßlösung durch Begleitstoffe (hier: andere Säuren) ermittelt werden. Die bei der Blindtitration verbrauchte Menge an Maßlösung muss bei der Gehaltsbestimmung vom benötigten Maßlösungs-Volumen abgezogen werden.
Dazu wird die für die Herstellung der Ibuprofen-Suspension verwendete Grundlage in einen 100-ml-Erlenmeyerkolben eingewogen. Anschließend werden 50 ml Ethanol 96 % (V/V) und 0,4 ml Phenolphthalein-Lösung R1 dazugegeben und mithilfe eines Magnetrührstäbchens gründlich vermischt. Die Einwaage an Grundlage für die Blindtitration lässt sich mithilfe der folgenden Formeln berechnen:
Bei der Herstellung einer Ibuprofen-Suspension 40 mg/ml beträgt die Gesamtmasse des Defekturansatzes 104,4 g (s. o.), die Soll-Menge an Wirkstoff beläuft sich auf 4,0 g. Gemäß der zuvor genannten Formel [1.] beträgt die Einwaage an Suspension somit 11,75 g. Darin sind 0,45 g Ibuprofen enthalten. Eingesetzt in die zweite Formel ergibt sich eine Einwaage an Grundlage von 11,30 g.
Nach Herstellung der Blindlösung kann die 25-ml-Bürette mit der Maßlösung befüllt werden und es wird bis zum Farbumschlag des Indikators titriert. Das benötigte Volumen an Natronlauge wird abgelesen und zur späteren Gehaltsberechnung notiert.
Im nächsten Schritt erfolgt die eigentliche Gehaltsbestimmung. Dazu werden – wie zuvor berechnet – 11,75 g Ibuprofen-Suspension in einen 100-ml-Erlenmeyerkolben eingewogen. Vor dem Abwiegen ist dabei auf eine homogene Verteilung des Wirkstoffs zu achten, das heißt, die Zubereitung ist gründlich zu schütteln.
In den Kolben werden anschließend 50 ml Ethanol 96 % (V/V) gegeben und mithilfe eines Magnetrührstäbchens für 8 bis 10 Minuten gerührt. Nach Zugabe von 0,4 ml Phenolphthalein-Lösung R1 wird mit Natriumhydroxid-Lösung 0,1 N bis zum Farbumschlag titriert.
Das verbrauchte Volumen wird abgelesen und notiert. Eine zweimalige Bestimmung (d. h. erneute Durchführung der Titration) wird empfohlen.
Der Gehalt der Ibuprofen-Suspension lässt sich dann mithilfe folgender Formel berechnen:
Wie der Gehalt sein sollte, dazu macht das ZL in seiner Prüfvorschrift keine gesonderten Angaben. Im NRF findet sich jedoch der Hinweis, dass auch bei in der Apotheke hergestellten Arzneimitteln eine Grenze von +/- 10 % eingehalten werden muss. Das heißt, der Gehalt sollte zwischen 90 % und 110 % des Sollwerts liegen.
Wird zur Herstellung der Ibuprofen-Suspension ein Fertigarzneimittel eingesetzt, so ist darauf zu achten, dass die Tabletten neben dem Wirkstoff keine weiteren Säuren mehr enthalten. Vor allem Granulate enthalten häufig Citronensäure und weitere Säuren zur Geschmackskorrektur, die das Ergebnis der Säure-Base-Titration verfälschen.
Dr. Annina Bergner , Apothekerin, Autorin PTAheute.de redaktion@daz.online
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