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Die Zauberformel von Mallorcas Backpulver
Die Backpulver-Päckchen der Insel-Marke „El Canario" sind nicht nur in jedem mallorquinischen Küchenschrank zu finden. Sie bestimmen auch das Leben von Alberto und Xisco Albertí, seit sie volljährig sind. Die beiden Brüder, heute 46 und 51 Jahre alt, stellen Backpulver her. Und nichts anderes. „Das hat den Vorteil, dass wir es als garantiert gluten- und laktosefrei zertifiziert verkaufen können", erklärt Alberto, der Jüngere der beiden.
Gegründet hat El Canario 1945 ein Mallorquiner namens Guillem Coll, der zuvor für einige Jahre nach Kuba ausgewandert war. Zum Abschied von der Karibik-Insel habe ihm damals ein deutschsprachiger Freund - ob es ein Schweizer oder ein Österreicher war, das weiß Alberto Albertí nicht so genau - eine Backpulver-Formel verraten. Auf deren Grundlage eröffnete Guillem Coll eine kleine Backtriebmittel-Produktion im Viertel Camp Redó in Palma de Mallorca. Als er ins Rentenalter kam und sich kein Familienmitglied fand, das die Firma übernehmen wollte, verkaufte Coll sie 1977 an Jaume Albertí, den Vater von Alberto und Xisco.
Das Backpulver heiße El Canario, so geht die Geschichte, weil Guillem Coll einst Kanarienvögel züchtete, ein damals auf der Insel weit verbreitetes Hobby. Zu jener Zeit sei die Produktion der levadura noch weitgehend Handarbeit gewesen, erzählt Alberto Albertí. Zwei Frauen maßen einen nicht gehäuften Esslöffel Backpulver ab und tüteten es ein. Guillem Coll verschloss die Päckchen danach ähnlich wie einen klebenden Briefumschlag.
Als Jaume Albertí die Fabrik übernahm, zog er mit ihr nach Son Castelló und modernisierte die Maschinen, die das Pulver von da an auch abfüllten. Dennoch ist die Produktion weiterhin übersichtlich: „Unsere Freunde denken immer an eine große Fabrik mit 200 Mitarbeitern und vier Kilometern Länge. Dann sind sie ganz überrascht, wenn sie uns besuchen", sagt Alberto Albertí.
Die Belegschaft von El Canario besteht aus genau zwei Personen: Alberto und Xisco. Die beiden füllen zunächst die vier Inhaltsstoffe in eine Siebmaschine: Natriumbicarbonat (bicarbonato sódico) und Maismehl (harina de maíz), die sie von lokalen Lieferanten beziehen, sowie Kaliumbicarbonat (bitartrato potásico) und Weinsäure (ácido tartarico), die vom Festland kommen. Die Maschine verhindert, dass größere Klumpen in das Backpulver geraten. Danach gelangt das chemische Gemisch über ein Rohr in die Mischmaschine, die es 25 Minuten lang verrührt. Vom Silo aus geht es zur Eintüt-Maschine, die das Pulver per Trichter in die sobres proportioniert.
Um das Gewicht zu kontrollieren, nimmt Xisco Albertí alle paar Minuten ein paar Päckchen heraus und wiegt sie. Anschließend packt sein Bruder Alberto vier der kleinen sobres à 16 Gramm in einen Karton. Sie landen später in den Supermarktregalen der Insel, unter anderem bei Carrefour, Al Campo, Eroski, Spar oder Makro. Mit Aldi und Lidl stehen die Brüder noch in Verhandlungen. Auch in manchen Bäckereien kann man die gelben Päckchen einzeln kaufen. Für die Hotellerie und Backwaren-Fabriken vertreiben die Albertí-Brüder ihr Backpulver in einer Kilo-Dose und in Zehn-Kilo-Säcken.
Außerhalb Mallorcas, Menorcas und Ibizas ist El Canario zum Beispiel in Madrid und Barcelona, auf den Kanaren und in Andalusien im Handel. „Unser Backpulver auf dem Festland bekannt zu machen, ist aber mühsam. Es ist kein Produkt, das man auf einer Messe mal eben probieren kann. Man müsste direkt etwas damit backen", erzählt Alberto Albertí. Nicht nur Backwaren werden mit dem Pulver luftiger und gehen auf. Auch für die Zubereitung von calamares a la romana, anderen panierten Speisen oder Tortillas eigne sich El Canario. Bei der Seniorin Maria Gibert, die in ihren Videos auf Facebook und Youtube für über 24.000 Follower mallorquinische Rezepte kocht (www.bit.ly/recetas-mallorquinas), und der Bloggerin Teresa, die unter dem Namen „Les postres de Teresa" (www.bit.ly/postres-teresa) backt, heißt es oft „Dann noch eine Packung El Canario hinzugeben".
Noch unter dem Vater, der inzwischen im Ruhestand ist, betrieb die Familie auch einen Kaffee- und Snack-Automaten-Verleih. Der häufige Ärger mit den Geräten und die langen Wege über die Insel ließ sie jedoch wieder zum reinen Backpulver-Geschäft zurückfinden. Dort ist man auch von der zwischenzeitlich eingeführten Verwendung von Weizenmehl wieder abgekommen. „Als gluten- und laktosefreie Produkte in Mode kamen, stieg auch die Nachfrage der Hotelketten und Supermärkte nach Produkten für potenzielle Allergiker", erinnert sich Alberto Albertí. Mit dem Maismehl lag man damit wieder voll im Trend. Die Brüder produzieren El Canario wieder mit dem ursprünglichen Rezept. „Damit ist unser Backprodukt für 100 Prozent der Bevölkerung geeignet", sagt Alberto Albertí. „Wie Wasser auch."
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