Von Beke Enderstein, Diplom-Ökotrophologin | 02. Januar 2023, 11:07 Uhr
Abnehmpulver wie Almased sollen die Gewichtsreduktion auf unkomplizierte Weise ermöglichen – und können in Einzelfällen tatsächlich auch zum Erfolg führen. Allerdings gibt es einige Schwachstellen. FITBOOK klärt auf, wer von Almased profitieren kann – und warum Formula-Diäten nicht für jeden geeignet sind.
Wer ein paar Kilogramm zu viel Gewicht auf die Waage bringt, möchte die Extrapfunde am liebsten schnell und einfach wieder loswerden. Sogenannte Formula-Diäten versprechen ein effektives Abnehmen. Besonders bekannt ist dabei Almased. Doch was steckt in dem Produkt drin, wie ausgewogen und nachhaltig ist die darauf beruhende Almased-Diät? Und welche Kritik gibt es? FITBOOK zieht ein ernährungswissenschaftliches Fazit.
Almased gehört zu den sogenannten Formula-Diäten, die auf dem Prinzip basiert, Mahlzeiten zu ersetzen, um so eine Gewichtsreduktion zu erreichen. Es handelt sich um ein Pulver, das mit Flüssigkeit zu einem Shake gemixt wird – beispielsweise als kalorienärmere Alternative zum klassischen Müsli oder Sandwich zum Frühstück.
Eine Shake-Mahlzeit ist so konzipiert, dass sie ein ausgewogenes Nährstoffverhältnis bietet. Die charakteristische Rezeptur von Almased basiert auf Sojaprotein, Joghurt und Honig. Der Eiweißshake soll laut Hersteller gut sättigen, die Fettverbrennung aktivieren, den Blutzucker regulieren und das Abnehmen erleichtern.
Die Formula-Diät Almased gliedert sich in vier Phasen:
Die spezielle Rezeptur von Formula-Diäten unterliegt der Diätverordnung. Daraus geht hervor, dass ein Mahlzeitenshake zwischen 200 und 400 Kilokalorien liefern muss und eine Formula-Diät bei komplettem Mahlzeitenersatz zwischen 800 und maximal 1200 Kilokalorien. Im Fall von Almased variiert die Kilokalorienmenge je nachdem, ob bei der Zubereitung Wasser, Milch oder eine andere ggf. kalorienhaltige Flüssigkeit verwendet wird. Eine Standardportion des Almased-Pulvers entspricht 50 Gramm und enthält circa 174 Kilokalorien.
Damit der Körper trotz kalorienreduzierter Rezeptur umfassend mit allen Nährstoffen versorgt wird, liefert eine Trinkmahlzeit alle drei Makronährstoffe Kohlenhydrate, Protein und Fett (letzteres über eine Anreicherung mit Öl). Auch Mikronährstoffe sind in einem ausgewogenen Verhältnis in Almased enthalten. Entsprechend wird der Körper trotz Energiereduktion mit allen essenziellen Vitaminen, Mineralstoffen und Co. versorgt. Laut Herstellerangaben stecken in Almased folgende Inhaltsstoffe drin:
Sojaeiweiß (49 Prozent), Bienenhonig (25 Prozent), Magermilch-Joghurtpulver (23 Prozent), Kaliumchlorid, Calciumcitrat, Magnesiumcarbonat, Magensiumcitrat, Kieselsäure, Vitamin C, Eisenfumarat, Farbstoff Riboflavine, Niacin, Vitamin E, Zinkoxid, Mangansulfat, Calcium-D-Pantothenat, Vitamin B2, Vitamin D, Vitamin B6, Vitamin B1, Vitamin A, Folsäure, Kaliumiodid, Vitamin K, Natriumselenit, Biotin, Vitamin B12
Das Besondere an Almased ist die spezielle Rezeptur, die aus Joghurt, Soja und Honig besteht und laut Hersteller angeblich den Abnehmprozess beschleunigen soll.
Almased wirbt mit einer Kombination aus Soja, Joghurt und Honig, die einen Synergieeffekt – auch vermarktet als „Almased-Effekt“ – entwickeln soll. Dank Honig-Enzymen, bioaktiven Stoffen der Sojabohne und Joghurtkulturen wird der Fettabbau angeblich angekurbelt. Der Hersteller betont dabei, dass Studien den Abnehmerfolg belegen. Das Problem: Der Hersteller ist teilweise auch Sponsor der wissenschaftlichen Untersuchungen! Tatsächlich gibt es jedoch keine ausreichenden Beweise für die These.
Aus ernährungswissenschaftlicher Sicht ist nicht belegt, dass es einen entsprechenden Synergieeffekt der drei Zutaten gibt, der als „Almased-Effekt“ die Gewichtsreduktion tatsächlich erleichtert. Dass proteinreiche Lebensmittel wie Soja oder Joghurt das Sättigungsempfinden intensivieren und eine Diät sinnvoll unterstützen, kann hingegen unterstrichen werden. Allerdings am besten in Kombination mit Ballaststoffen, die in der Startphase der Almased-Diät nahezu komplett fehlen.
Traum-Duo Soja und Joghurt? Es stimmt, dass die Kombination aus Joghurt und Soja eine hohe biologische Qualität bietet; allerdings funktioniert dies auch, wenn man Sojaprodukte mit Naturjoghurt auf natürliche Weise kombiniert – zum Beispiel als aromatisch marinierter, gebratener Tofu mit Joghurt-Kräuter-Dip. Oder als Eiweiß-Shake auf Basis von Sojamilch und fettarmem Joghurt mit echter Bourbon-Vanille.
Superfood Honig? Aus ernährungswissenschaftlicher Sicht werden Honigenzyme, die häufig in der Naturkost-Szene angepriesen werden, überschätzt. Dass sie das Annehmen erleichtern, ist sehr fraglich. Man kann Bio-Honig allenfalls als nachhaltige Alternative zu Kristallzucker in sparsamer Dosierung empfehlen. Das ändert allerdings nichts daran, dass Honig vor allem reichlich Zucker liefert; neben geringer Mengen an Enzymen und Mikronährstoffen. Im Almased-Protein-Shake ist übrigens mit 25 Prozent relativ viel Honig und entsprechend reichlich Zucker enthalten.
Eine weitere Schwachstelle: Die Almased Zutaten werden nicht ökologisch produziert. Gerade bei Soja, Honig und Joghurt sollte dies im Sinne der Nachhaltigkeit mittlerweile Pflicht sein. Die Bezeichnung „Soja aus ausgewähltem Anbau“ ändert nichts daran, dass es sich um ein konventionelles Produkt handelt.
Der Mahlzeiten-Shake Almased ist für Personen geeignet, die auf unkomplizierte Weise abnehmen und den Körper dabei mit allen wichtigen Nährstoffen versorgen möchten – ohne Kalorien zu zählen. Einfach das Pulver mit Flüssigkeit mixen und als Diätmahlzeit servieren. Daher profitieren vor allem Personen, denen im mitunter stressigen Alltag die Zeit fehlt, Mahlzeiten zu planen, einzukaufen, Nährstoffe bzw. den Kaloriengehalt zu berechnen und zu kochen.
Aus medizinischer Sicht sind länger andauernde Formula-Diäten jedoch nur bei übermäßigem Übergewicht bzw. bei Adipositas (BMI > 30) zu empfehlen. Durch die ärztlich betreute Diät ist bei komplettem Ersatz der Mahlzeiten durch Shakes eine Gewichtsreduktion von bis zu 12 Kilogramm pro Monat realistisch.
Abnehmwillige, die herzhafte Speisen bevorzugen und außerhalb der Diät morgens lieber mit einem Brot als mit einem Müsli in den Tag starten, werden sich mit den mit Honig verfeinerten Protein-Shakes – vor allem zu Beginn der Formula-Diät bei komplettem Mahlzeitenersatz – schwertun.
Mit zunehmender Dauer steigt zudem das Risiko, dass auch Personen geschmacklich an ihre Grenzen kommen, die das Aroma des Pulvers anfangs mochten. Zwar lässt sich der Shake laut Hersteller auch abwechslungsreich und pikant zubereiten, dennoch ist es für viele sicher eine Herausforderung, sich mit Shakes zu begnügen.
Wichtig: Personen mit Esssucht oder sonstigen Essstörungen wie Binge-Eating (Essanfälle) oder Bulimie sollten niemals ohne professionelle, begleitende psychologische Hilfe versuchen, abzunehmen. Formulardiäten wie Almased erhöhen im Alleingang das Risiko, Essanfälle zu triggern.
Was zunächst einfach klingt, ist aus ernährungspsychologischer Sicht mit Vorsicht zu genießen. Um erfolgreich abzunehmen, kann Almased zunächst helfen. Allerdings nur als Impuls, um den Gewichtsverlust zu Beginn zu intensivieren und die Motivation zu erhöhen. Langfristig ist eine Ernährungsumstellung, die individuelle Vorlieben integriert, unumgänglich.
Für eine erfolgreiche Gewichtsreduktion zählt neben einer ausreichenden Sättigung der Genussfaktor zu den wichtigsten Aspekten. An dieser Stelle kann Almased bei längerer Anwendung allenfalls unterstützend wirksam sein – als gelegentlicher Mahlzeitenersatz.
Kritisch zu beurteilen ist zudem, dass Almased damit wirbt, man könne schnelle Abnehmerfolge erzielen. Wer sich mit einer gesunden Ernährung beschäftigt, weiß, dass Ernährungswissenschaftler bzw. die DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährung) empfiehlt, maximal 500 Gramm pro Woche zu verlieren. Und zwar nicht nur, um den Jo-Jo-Effekt zu verhindern, sondern auch, um sich Schritt für Schritt an das neue Körpergefühl zu gewöhnen – schließlich ist das Übergewicht meistens über Jahre entstanden.
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Almased ist kein Wundermittel, kann aber – bei geschmacklicher Akzeptanz – hilfreich sein, eine Ernährungsumstellung einzuleiten. Der anfänglich schnelle Gewichtsverlust der ersten Diätphase kann als Motivationsschub dienen – nicht mehr und nicht weniger. Ganz wichtig: Die Gewichtsabnahme ist nicht auf die spezielle Zusammensetzung aus Soja, Honig und Joghurt zurückzuführen, sondern auf das Kaloriendefizit.
Wer sich lieber nachhaltig ernähren möchte und wem Almased vom Aroma nicht zusagt, kann sich selbst Proteinshakes aus Bio-Zutaten mixen – auf Wunsch ebenfalls auf Basis der angepriesenen Komposition aus Soja und Joghurt. Eine dezente Süßkraft kann anstatt über Honig dank frischer Beeren in den Shake wandern – inklusive einer Extraportion sättigender Ballaststoffe, Antioxidantien und Co.
Um eine Veränderung der bisherigen Essgewohnheiten einzuleiten, kann eine Startphase meiner Meinung nach durchaus sinnvoll sein – vergleichbar mit dem Potenzial einer Heilfastenkur, um alte Muster zu durchbrechen.
Wenn man bereit ist, im kleinen Umfang zu kochen, empfehle ich, eine Ernährungsumstellung mit frisch zubereiteten Gemüsesuppen, grünen Smoothies und einer Extraportion Raw Food wie Salat und Co. zu starten, inklusive Omega-3-Fettsäuren aus Raps- und Leinöl. Wer dazu ausreichend Wasser, Kräutertees (auch moderate Mengen an Grünem Tee) trinkt, darf sich aufgrund der Ballaststoffe im Gemüse auf ein intensives Sättigungsgefühl freuen.
Eine ausreichende Zufuhr an essenziellen Aminosäuren kann über selbst gemachte Proteinshakes erfolgen oder über andere Quellen mit hoher biologischer Wertigkeit wie Magerquark, Tofu oder Naturjoghurt. Wer diese Tipps beherzigt, ist nicht auf Almased angewiesen, spart Geld und ernährt sich nachhaltiger und vermutlich sogar zuckerärmer.
FITBOOK erfüllt die afgis-Transparenzkriterien. Das afgis-Logo steht für hochwertige Gesundheitsinformationen im Internet.
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