Magnesium-Test: Darum sind Tabletten oft unnötig und können sogar schaden - ÖKO-TEST

2023-03-23 16:59:49 By : Mr. Leon Ye

Jetzt gratis unser Testurteil zu 24 Produkten abrufen

ÖKO-TEST Jahrbuch für 2019 | Autor: Sarah Becker/Kai Thomas | Kategorie: Gesundheit und Medikamente | 21.08.2019

Magnesium als Pulver, Tabletten oder Kapseln soll gegen diverse Beschwerden helfen. 2018 haben wir 24 Magnesium-Präparate bewertet. Empfehlen konnten wir keins der Nahrungsergänzungsmittel. Checken Sie jetzt alle Testergebnisse kostenlos. Zudem erklären wir, wer zusätzlich Magnesium braucht und wie viel zu viel ist.

Testveröffentlichung erstmals 7/2018; Einkauf Testprodukte 2/2018 | Magnesiumpräparate sind ein Kassenschlager. Kein Mineralstoff wird häufiger in Form von Pulver, Tabletten, Kapseln oder Brausetabletten verkauft – oft als Nahrungsergänzungsmittel. Kein Wunder, denn um Magnesium ranken sich etliche Mythen: Hilft gegen Muskelkrämpfe, ist gut für ältere Menschen, Sportler und Schwangere brauchen besonders viel davon. Doch was ist dran an den von Herstellern befeuerten Versprechen? Wir haben 24 Mittel getestet.

Magnesium zählt wie Calcium und Eisen zu den Mineralstoffen und ist an vielen Vorgängen im Körper beteiligt. Es spielt im Zell- und Knochenaufbau eine Rolle und ist wichtig für die Nerven- und Muskeltätigkeit. Genügend Magnesium aufzunehmen, ist daher lebensnotwendig.

Unter einem Magnesiummangel versteht man eine verminderte Magnesiumkonzentration im Blut. Ein Magnesiummangel kann zu einer Unterversorgung mit Kalzium und Kalium führen. Dies verursacht meist mehrere neurologische und kardiale Beschwerden. Ein Magnesiummangel ist aber nicht ohne Weiteres an unverwechselbaren Symptomen zu erkennen. Er sollte immer durch den Hausarzt abgeklärt werden. Dieser kann die Versorgung mit einer Messung des Magnesiumgehalts im Blut feststellen.

Der Magnesiumbedarf lässt sich gut mit abwechslungsreicher Ernährung decken. Zwischen 300 und 400 Milligramm Magnesium pro Tag sollten wir zu uns nehmen, so lautet die Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE). Männer benötigen dabei mehr als Frauen, Jugendliche mehr als Erwachsene. Viel Magnesium steckt in pflanzlichen Lebensmitteln wie Nüssen, Vollkorngetreide oder Bananen. Auch Mineralwasser kann eine gute Quelle sein. Die Gehalte variieren dabei stark, magnesiumreiche Mineralwässer kommen auf mehr als 200 Milligramm pro Liter.

Das Gerücht hält sich, dass wir über den Schweiß viel Magnesium verlieren und stark schwitzende Personen daher zusätzliches Magnesium benötigen. Das stimme nicht, sagt Dr. Frank Hülsemann von der Sporthochschule Köln. Denn: "Über den Schweiß geben wir hauptsächlich Natriumchlorid, also Kochsalz ab, aber kaum Magnesium." Sportler bräuchten daher keine Nahrungsergänzungsmittel, wenn sie sich normal ernährten.

Eine höhere Kalorienzufuhr über die Nahrung sichert auch die Versorgung mit Magnesium und allen anderen Mineralstoffen ausreichend. Das gilt sowohl für den höheren Energieverbrauch von Hobbysportlern als auch für den von Leistungssportlern. "Magnesium vorsorglich über Nahrungsergänzungsmittel einzunehmen, kann sogar kontraproduktiv sein", sagt Hülsemann. Sehr hoch dosierte Präparate könnten zu Durchfall führen.

Nein, Schwangere brauchen nicht mehr Magnesium. Laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung liegt der Referenzwert für Schwangere bei 310 Milligramm Magnesium pro Tag. Dieser Wert gilt auch für Frauen im Allgemeinen: Sie sollen je nach Alter 300 bis 310 Milligramm Magnesium zu sich nehmen. In der Stillzeit steigt der Wert auf 390 Milligramm pro Tag. Stillende verlieren Magnesium über die Muttermilch. Aber auch diesen leichten Mehrbedarf können sie über eine ausgewogene Ernährung abdecken.

"Senioren haben keinen höheren Bedarf an Magnesium als jüngere Erwachsene", sagt Professorin Dorothee Volkert vom Institut für Biomedizin des Alterns an der Universität Erlangen-Nürnberg. Ältere müssten daher nicht vorsorglich Magnesiumpräparate zu sich nehmen.

Wenn ältere Menschen allerdings Probleme mit der Ernährung haben, ist meist die Versorgung mit allen Nährstoffen gefährdet. Dies kann durch fehlenden Appetit, erschwertes Schlucken oder Schwierigkeiten beim Einkaufen oder Kochen der Fall sein. Empfehlenswert ist dann der Gang zum Arzt. Er kann beispielsweise bei einem möglichen Mangel passende Nährstoffpräparate verschreiben.

Muskelkrämpfe können nachts den Schlaf rauben und tagsüber den Spaß am Sport verderben. Sportler, Menschen, die starker körperlicher Belastung ausgesetzt sind, Schwangere und ältere Menschen haben öfter Muskelkrämpfe als andere.

Die Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie zu Muskelkrampf führt auf, dass 33 bis 50 Prozent der über 65-Jährigen mindestens einmal pro Woche unter Krämpfen leiden. Die Gründe dafür sind vielfältig. Magnesiummangel ist dabei eine der möglichen Ursachen. Sie ist leicht zu beheben. Professor Manfred Schubert-Zsilavecz vom Institut für Pharmazeutische Chemie der Universität Frankfurt empfiehlt daher, bei häufig wiederkehrenden Muskelkrämpfen die Magnesiumzufuhr zu erhöhen.

Dafür sind jedoch nicht zwangsläufig Tabletten mit Magnesium notwendig. Über die entsprechende Ernährung können Betroffene genug Magnesium aufnehmen. Wer zu Nahrungsergänzungsmitteln greift, sollte darauf achten, keine hoch dosierten Präparate zu nehmen. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) rät, die Tagesdosis auf zwei oder mehr Portionen aufzuteilen. Das Magnesium sei so besser verträglich. Lassen die Muskelkrämpfe nicht nach, sollten Betroffene auf jeden Fall einen Arzt aufsuchen.

Im Test: Wir haben 24 Nahrungsergänzungsmittel eingekauft, die als Mineralstoff ausschließlich Magnesium enthalten. Wem diese Präparate nutzen und ob diese zu hoch dosiert sind, hat unser Gutachter anhand aktueller Studien und Empfehlungen beurteilt. Auch die Verpackungen haben wir uns näher angesehen und überprüft.

Das Ergebnis: Empfehlen können wir keines der 24 Magnesiumpräparate im Test. Viermal haben wir immerhin das Gesamturteil "befriedigend" vergeben, neunmal ein "ausreichend". Fast die Hälfte der Produkte schneidet dagegen "mangelhaft" oder "ungenügend" ab.

Gesunde Menschen benötigen keine Magnesiumpräparate. Ihren Bedarf können sie ausreichend über Lebensmittel decken. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) schreibt dazu, dass eine ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung mit viel Obst und Gemüse den Körper mit allen lebensnotwendigen Stoffen versorge. In den meisten Fällen seien Nahrungsergänzungsmittel deshalb überflüssig. Auch unser Gutachter Professor Manfred Schubert-Zsilavecz ist der Auffassung, dass die Präparate "keinen Nutzen für den gesunden Verbraucher" haben.

Viel hilft nicht viel. Im Gegenteil: Zu viel Magnesium kann zu Durchfall führen. Das BfR empfiehlt daher, dass Nahrungsergänzungsmittel maximal 250 mg Magnesium pro Tagesdosis enthalten sollen. 17 der 24 Produkte überschreiten diese Empfehlung und enthalten teilweise sogar das Doppelte.

Auch Nahrungsergänzungsmittel mit 250 mg Magnesium können bei einer magnesiumreichen Ernährung abführend wirken. Ein entsprechender Warnhinweis fehlt auf acht Produkten.

Ein Produkt im Test bewirbt der Anbieter mit "Depoteffekt". Selbst wenn es so einen Effekt gäbe, hätte er keinen Nutzen für den gesunden Verbraucher.

Bis zu welchen Mengen Magnesium für Kinder unter vier Jahren unschädlich ist, dafür liegen zu wenige Daten vor. Die Nahrungsergänzungsmittel sind daher für Babys und kleine Kinder ungeeignet. Im Gegensatz zu Magnesium aus Lebensmitteln nehmen die Kinder mit den Präparaten sehr schnell sehr hohe Dosen auf. Ein gesundheitlicher Schaden kann dadurch nicht ausgeschlossen werden. Wir werten daher alle Produkte ab, auf denen der Hinweis "Nicht für Kinder unter vier Jahren" auf der Verpackung fehlt.

Für eine schöne Farbe, einen besseren Geschmack oder die richtige Form setzen Hersteller häufig Zusatzstoffe in ihren Magnesiumpräparaten ein. Füllstoffe erhöhen beispielsweise das Volumen der Tablette. In acht Nahrungsergänzungsmitteln setzen Hersteller unter anderem zu diesem Zweck Phosphate ein. Wir kritisieren das, weil Studien gezeigt haben, dass hohe Phosphatmengen im Blut das Risiko für Herzinfarkte und Schlaganfälle erhöhen.

Bitte beachten Sie: In diesem Test bewerten wir Produkte, die im Februar 2018 eingekauft wurden. Den Test haben wir erstmals im ÖKO-TEST Magazin Juli 2018 veröffentlicht, die Ergebnisse zuletzt im Oktober 2018 für das Jahrbuch 2019 aktualisiert, sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.

Der Einkauf: Was Mineralstoffe angeht, sind Magnesiumpräparate die beliebtesten Nahrungsergänzungsmittel. Dementsprechend viele Produkte gibt es auf dem Markt. Die von uns eingekauften enthalten ausschließlich Magnesium. Zusätzliche Mineralstoffe wie Calcium und Zink oder Vitamine sind nicht beigemischt. Eingekauft haben wir in Discountern, Apotheken, Reformhäusern, Drogerien und Supermärkten.

Die Maßgeblichen Inhaltsstoffe und die Deklaration: Muss ich Magnesium über Nahrungsergänzungsmittel zu mir nehmen, um ausreichend versorgt zu sein? Professor Manfred Schubert-Zsilavecz vom Institut für Pharmazeutische Chemie der Uni Frankfurt ging der Frage nach und begutachtete die Produkte außerdem hinsichtlich der Dosierung und der Deklaration.

Die Weiteren Inhaltsstoffe: Neben Magnesium enthalten die Nahrungsergänzungsmittel häufig Zusatzstoffe, die die Produktform, die Farbe oder auch den Geschmack verbessern sollen. Die allermeisten sind dabei unbedenklich. Abzug erhalten die Präparate aber dann, wenn Phosphate deklariert sind. Diese werden meist als Füllstoffe eingesetzt.

Die Weiteren Mängel: Hier werten wir den Nachweis von PVC/PVDC/chlorierten Verbindungen in den Verpackungen ab, da sie die Umwelt belasten.

Die Bewertung: Der Nutzen der Präparate für den gesunden Verbraucher steht bei der Bewertung im Vordergrund. Auch zu hohe Dosierungen, keine Altersbeschränkung oder fehlende Warnhinweise werten wir unter dem Testergebnis "Maßgebliche Inhaltsstoffe und Deklaration" ab. Bedenkliche Inhaltsstoffe wie Phosphate oder umweltschädigende Stoffe in der Verpackung fallen etwas weniger ins Gewicht.

Bewertung Testergebnis Maßgebliche Inhaltsstoffe und Deklaration: Unter dem Testergebnis Maßgebliche Inhaltsstoffe und Deklaration führt zur Abwertung um zwei Noten: kein Nutzen für den gesunden Verbraucher. Zur Abwertung um jeweils eine Note führen: a) mehr als 250 mg Magnesium pro höchste empfohlene Tagesdosis; b) ein fehlender Hinweis "nicht für Kinder unter 4 Jahren"; c) ein fehlender Hinweis "kann abführend wirken"; d) überflüssige Auslobungen: Beschreibung von Eigenschaften der eingesetzten Vitamine und Mineralstoffe und/oder der Darreichungsform (hier: Depoteffekt), die den Kauf des Produkts rechtfertigen sollen, ohne dass ein Nutzen für den gesunden Anwender ersichtlich ist.

Bewertung Testergebnis Weitere Inhaltsstoffe: Unter dem Testergebnis Weitere Inhaltsstoffe führt zur Abwertung um eine Note: Phosphate.

Bewertung Testergebnis Weitere Mängel: Unter dem Testergebnis Weitere Mängel führt zur Abwertung um eine Note: PVC/PVDC/chlorierte Verbindungen in der Verpackung.

Das Gesamturteil beruht auf dem Testergebnis Maßgebliche Inhaltsstoffe und Deklaration. Ein Testergebnis Weitere Inhaltsstoffe beziehungsweise Weitere Mängel, das "gut" ist, hat keinen Einfluss auf das Gesamturteil.

Wirksamkeitsbelege, Nutzen und Beipackzettel: Begutachtung durch Gutachter. PVC/PVDC/chlorierte Verbindungen in der Verpackung: Röntgenfluoreszenzanalyse.

Wir testen und bewerten regelmäßig Wirksamkeit und Nutzen von Produkten für die Gesundheit. Wie wir dabei im Detail vorgehen, erfahren Sie hier.

Einkauf der Testprodukte: Februar 2018. 

Bitte beachten Sie: In diesem Test bewerten wir Produkte, die im Februar 2018 eingekauft wurden. Den Test haben wir erstmals im ÖKO-TEST Magazin Juli 2018 veröffentlicht, die Ergebnisse zuletzt im Oktober 2018 für das Jahrbuch 2019 aktualisiert, sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.

Tests und deren Ergebnisse sind urheberrechtlich geschützt. Ohne schriftliche Genehmigung des Verlags dürfen keine Nachdrucke, Kopien, Mikrofilme oder Einspielungen in elektronische Medien angefertigt und/oder verbreitet werden.

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