Bin ich mein Konnektom? » SciLogs - Wissenschaftsblogs

2023-03-23 17:03:47 By : Mr. Kim Xu

Die Gesamtheit aller Verbindungen im Gehirn, das Konnektom , ist ein heiß diskutiertes Thema in der Hirnforschung, der Philosophie des Bewusstseins, den Bestrebungen, künstliche Intelligenz zu entwickeln, aber auch in der Kryobiologie bzw. der Suche nach dem ewigen Leben. Wohl auch ein Streitpunkt zwischen manchen Hirnforschern und Neuroinformatikern.

“Ich bin mein Konnektom”, sagt der Physiker und Neurowissenschaftler Sebastian Seung in seinem viel beachteten TED-Talks-Video aus dem Jahr 2010.

„Ich bin mehr als meine Jeans“, sagt ein Kommentator auf YouTube zu diesem Video.

Sebastian Seung und sein Kommentator drücken die zwei Streitpunkte über die Bedeutung des menschlichen Konnektoms aus:

Wird mein „Ich“ nur durch das Konnektom definiert, wie Seung glaubt? Bin ich ausschließlich im Netz der neuronalen Leiterbahnen in meinem Gehirn kodiert? Ist die Aktivität meines Gehirns nicht wichtig für mein Bewusstsein? Die elektrischen, aber auch chemischen Signale, die durch das Konnektom geführt werden? Ist es nicht wichtig, was in einzelnen Gehirnzellen (Neuronen) geschieht?

Oder „bin ich mehr als meine Jeans“? Ist das Konnektom ein Leitungssystem für Prozesse, die mein „Ich“ zu einem vielleicht viel größeren Teil ausmachen als mein Konnektom? Auch die sieben Kilometer langen Leitungen der Bier-Pipeline beim Heavy-Metal-Festival auf Wacken würden doch ganz andere Bewusstseinszustände bei den Festivalbesuchern zur Folge haben, wenn durch sie statt Bier Wasser fließen würde.

Wer hat also recht? Sebastian Seung, oder sein Kommentator?

Wie gesagt ist das das Konnektom die Gesamtheit aller Verbindungen in unserem stark vernetzten Gehirn mit etwa 100 Billionen Synapsen, an denen sich die Signalübertragung zwischen den 86 Milliarden Gehirnzellen abspielt – ein unglaublich komplexes aber auch dynamisches Netzwerk, das ständig im Wandel ist.

Unser Konnektom ändert sich im Laufe des Lebens, es gibt nicht DAS Konnektom von mir. Von der Kindheit über die Pubertät bis zum Erwachsenenalter baut das Konnektom sich massiv um. Wenn ich mein Konnektom bin, warum ändere ich mich beim Heranwachsen auch nicht so massiv? Klar ist ein Erwachsener anders, als wenn er ein Kind oder ein Teenager war, hat sich aber sein „Ich“ so grundlegend verändert? Welche Konnektom-Änderungen beeinflussen mein „Ich“ maßgeblich? Warum ist es so schwierig, tiefgehende Traumata aus der Kindheit zu heilen?

Wenig Liebe in unserer amnesischen Kindheit verursacht einen kleineren IQ und beeinträchtigt schwer unsere sozialen und emotionalen Kompetenzen, was zum Beispiel Untersuchungen an Kindern aus rumänischen Kinderheimen gezeigt haben. Diese psychischen Beeinträchtigungen sind später sehr schwer zu therapieren, obwohl das Konnektom nach der frühen Kindheit grundlegend umgebaut wurde.

Bin ich also mein Konnektom von jetzt? Oder aus der Zeit vor 40 Jahren? Vor einer durchzechten Nacht, oder danach?

Die Gehirnaktivitäten ändern sich aber viel schneller als das Konnektom, teils im Sekundentakt: Schon wenn wir schlafen, zeigt unser Gehirn ganz andere Aktivitäten, als wenn wir wachen. Dabei ändert sich die Struktur des Konnektoms im Schlaf nicht entscheidend, obwohl die Synapsen im Schlaf wohl um etwa ein Fünftel schrumpfen.

Manchmal sind wir entspannt, manchmal wütend, entsprechend unserer Gehirnaktivität, nicht aufgrund einer Änderung unseres Konnektoms. Warum verhalte ich mich beim WM-Fußballspiel Deutschland-Schweden ganz anders, als am nächsten Tag auf einem Strand in Griechenland? Als ob ich ein ganz anderer Mensch wäre. Über die Nacht hat sich doch an meinem Konnektom nicht viel getan. Was ist das „Ich“, das ich sein solle?

“Konnektom. Kein Neuron ist eine Insel”,

heißt Sebastian Seungs Artikel im Spektrum der Wissenschaft, ein Auszug aus seinem großartigen Buch Das Konnektom. Erklärt der Schaltplan des Gehirns unser Ich? ,

Trotz meiner Skepsis, was Seungs Aussage „Ich bin mein Konnektom“ angeht, kann ich sein Buch wärmstens empfehlen: Ein spannendes und wunderbar geschriebenes Werk für jeden, der sich über das Konnektom umfassend informieren will:

Nur redet der Titel „Kein Neuron ist eine Insel“ etwas klein, woraus das Gehirn am Anfang der Evolution entstanden war: aus einzelnen autonomen und funktionellen Zellen, die sich zu einem komplexeren System zusammenschlossen hatten, das neue emergente Eigenschaften zeigte. Es ist nur schwer vorstellbar, dass einzelne Gehirnzellen, der Ursprung von allem, zu unserem „Ich“ nichts zu melden haben, also „unbedeutende Inseln“ darstellen – ersetzbare Punkte eines neuronalen Netzes, das wir das Konnektom nennen.

 Nach dem klassischen Model des natürlichen neuronalen Netzes im Gehirn kommen Signale in ein Neuron über Tausende seiner Fortsätze, die Dendriten. Wenn die Summe dieser eingehenden Signale einen bestimmten Schwellenwert übersteigt, feuert das Neuron: Das Neuron schickt ein elektrisches Signal – einen „Spike“ – durch sein Axon an die Synapsen. Ein Neuron kann bis 100.000 Synapsen haben, aber auch nur sehr wenige, im Schnitt etwa 1.000. An den Synapsen werden Neurotransmitter aus den synaptischen Vesikeln freigesetzt. Die freigesetzten Neurotransmitter binden an die Rezeptoren des benachbarten Neurons und stärken oder auch schwächen wiederum seine Tendenz, einen Spike zu erzeugen und Signale an weitere Neurone zu schicken.

Diagramm eines Neurons. Neurone sind elektrisch erregbare Zellen des Nervensystems (Gehirn, Rückenmark, peripheres Nervensystem), die Informationen verarbeiten und weiterleiten. Quelle: Wikimedia Commons. Autoren: LadyofHats (Englisches Original), NEUROtiker (Deutsche Übersetzung).

Nach diesem Muster sind auch unsere neuen Künstliche-Intelligenz-Programme aufgebaut: künstliche neuronale Netze bzw. tief lernende neuronale Netze (deep learning neural networks). Doch durch die Komplexität der Gesamtheit der einkommenden und auskommenden Signale und der entsprechend komplexen Aktivität jedes einzelnen Neurons kann jedes Neuron eine Unmenge an logischen Operationen ausführen, ist also selbst ein Computer, und noch mehr:

Schon ein einziges Neuron ist wohl ein zweischichtiges neuronales Netz, also etwas, das lernen und das Gelernte auf unbekannte Ereignisse anwenden kann. Das führt ausführlich und ansprechend der Blogger Mark Humphries aus:

„Dein Cortex ist nicht ein neuronales Netzwerk. Dein Cortex ist ein neuronales Netzwerk aus neuronalen Netzwerken.“

Wie jede andere Körperzelle hat auch eine Gehirnzelle ihr eigenes Genom. Ununterbrochen werden in der kleinen Gehirnzellfabrik Nukleinsäuren und Proteine hergestellt: Neurotransmitter, Hormone, Enzyme und all die anderen funktionellen Proteine, die einen Einfluss darauf haben, welche Signale zu welchen Neuronen gesendet werden.

Durch Reize aus unserer Umgebung, durch die im Zellgenom kodierten Programme und daraus folgend durch die Stoffe, die in den Gehirnzellen produziert werden, ändert die Gehirnaktivität sich laufend und beeinflusst auch unser Verhalten: Bestimmte Neuronen-Populationen erfüllen bestimmte Aufgaben zusammen, werden von anderen Neuronengruppen gehemmt, bzw. gestärkt. 86 Milliarden Neurone können sich ja zu Abermilliarden kleiner und großer Gruppen schließen. Ihre Neurone feuern, synchron aber auch nicht synchron, und manchmal auch bis ins Chaos hinein. So gibt es eine Menge Dynamik in unserem Konnektom.

„Könnte dieser Schnappschuss sämtlicher Schaltkreise deines Gehirns (dein momentanes Konnektom) tatsächlich ein Bewusstsein haben – dein Bewusstsein?“, fragt David Eagleman in seinem sehr lesbaren Buch The Brain: Die Geschichte von dir  und antwortet sich gleich selbst:

„Leider nein, denn ein Schaltplan ist ja nur die Hälfte des lebendigen Gehirns. Die andere Hälfte ist die elektrische und chemische Aktivität zwischen diesen Verbindungen. Die Alchemie des Denkens, Fühlens und Bewusstseins entsteht erst aus den Aberbilliarden von Interaktionen, die sich Sekunde für Sekunde zwischen den Gehirnzellen abspielen: Botenstoffe werden ausgeschüttet, Proteine verändern ihre Form, elektrischer Strom fließt durch die Axone der Gehirnzellen.“

„Wenn Gehirnstrukturen die Hirnfunktion komplett determinieren würden, wäre das Hirn in endlosen Schleifen von sich wiederholenden Aktivitäten gefangen und würde uns nicht erlauben, zu lernen und sich an neue Situationen anzupassen“, schreibt Alexander Fornito vom Monash Institute of Cognitive and Clinical Neurosciences (Melbourne) in Scientific American: „Statt dessen stellt das Konnektom das Gerüst bereit, in dem diverse Zellenpopulationen ihre Aktivitäten ändern und koordinieren, um unterschiedliche und vorübergehende Koalitionen zu formen.“ Dass eine Koalition nicht ewig währt, wissen wir ja auch. ?

Selbstverständlich können Neurone in ihren Verbänden nur dann synchron feuern und somit adäquat auf Reize von außen reagieren, wenn es ihnen die Struktur ihres Konnektoms erlaubt. Unwichtig ist das Konnektom nicht. Wohl hängen bestimmte Gehirnkrankheiten wie Schizophrenie auch mit Veränderungen im Konnektom zusammen: Die Bierleitungen auf Wacken müssen ja auch eine bestimmte Struktur haben. Sonst würde das Bier nie den Metal-Fan finden, der damit seinen Bewusstseinszustand ändern will. Durch Tausende beliebig verschraubte Rohre würde das Bier höchstens in Pfützen auf dem Festivalgelände plätschern.

Das lange Warten auf das ewige Leben

Trotzdem will das von MIT-Absolventen gegründete und von MIT-unterstützte StartUp Nectome das menschliche Gehirn wie im Film „Transcendence“ emulieren, das heißt, das Gehirn genau einscannen und sein Konnektom im Computer nachbilden. In einem genug großen Konnektom könne Bewusstsein entstehen, denkt man sich.

„Was wenn wir ihnen sagen, dass wir eine Sicherheitskopie von Ihrem Gehirn machen können?“, tönte Nectome noch im März dieses Jahres von seiner Webseite. Zuerst wollte Nectome das Gehirn von interessierten Sterbenskranken lebendig aber unter Vollnarkose einbalsamieren, also töten, und es so lange in diesem Zustand erhalten, bis unsere Computer mit dieser gewaltigen Menge an Daten überhaupt rechnen können. Was übrigens noch sehr lange dauern kann.

Schon viele Interessierte sollen in der Warteschlange gestanden haben, um irgendwann im Computer aufzuerstehen. Für schlappe 20.000 Dollar ging dein Gehirn ins Gurkenglas. Ja, ich weiß, mit dem Gurkenglas bin ich ungerecht: Doch einem Bild der Erde voller Gurkengläser mit Hirnen der Reichen, die ewig leben wollen, konnte ich nicht widerstehen. An Schweineköpfen hatte Nectome seine Hirnkonservierungs-Technologie bereits getestet.

Die Empörung in den Medien war groß, so zog MIT sich aus dem Projekt heraus, und Nectome ruderte zurück: Die Sicherheitskopie unseres Gehirns wird uns auf der Nectome-Webseite nicht mehr angeboten.

Da ist der Wurm drin

Gleich als die Nectom-Schlagzeilen im März dieses Jahres die Medienmaschine heiß gelaufen hatten, twitterte der Harvard-Neuroinformatiker Sam Gershman:

„Hat ihnen (den Leuten von Nectome) jemand gesagt, dass wir das Konnektom von C. Elegans (Fadenwurm) über eine Dekade kennen, jedoch immer noch nicht wissen, wie wir all seine „Gedächtnisinhalte“ rekonstruieren sollen? Und der Fadenwurm hat nur 7.000 Synapsen, verglichen zu den Billionen Synapsen im menschlichen Gehirn?“

Zwar gibt es mit der Netzinitiative OpenWorm eine breite Gemeinschaft an Programmierern, die das Fadenwurm-Konnektom im Computer nachbilden will. Doch der Fadenwurm will sich nicht auf einem Chip zähmen lassen. Auch wenn das enthusiastische Schlagzeilen manchmal behaupten, wie die im Wiener Standard:

„Forscher dressieren einen im Computer zum Leben erweckten Wurm“.

Tatsächlich haben die Forscher der TU Wien einen virtuellen Fadenwurm so lange dressiert, bis der Wurm einen Stab balancieren konnte – selbstverständlich nur in einem Computerprogramm. Oder besser gesagt: Man hat das Konnektom des Fadenwurms als ein künstliches neuronales Netz programmiert und es so lange nach allen Regeln der heutigen Künstliche-Intelligenz-Kunst trainiert, bis dieser virtuelle Wurm dieses Kunststück auf dem Bildschirm vorführte.

Eine tolle Leistung der Wiener Informatiker, oder? Was sagt es uns aber über die Natur eines Fadenwurms aus? Dass er einen Stab balancieren kann? Einem künstlichen neuronalen Netz mit 302 Neuronen und den 7.000 Verbindungen dazwischen kann man schon eine Menge Sachen antrainieren. Zum Beispiel eben einen Stab balancieren. Einen lebendigen Wurm hat man damit noch lange nicht im Computer nachgebildet. Die Forscher in Wien haben ja nicht simuliert, wie ein echter Fadenwurm auf seine natürliche Umgebung reagiert, sondern nur gezeigt, dass ein künstliches Fadenwurm-Netz etwas lernen kann.

Wie Anthony Movshone von New York University in einer Debatte mit Sebastian Seung an der Columbia University sagte: „Ich denke, es ist fair zu sagen …, dass unser Verständnis des Fadenwurms sich nicht wesentlich dadurch gebessert hat, dass wir sein Konnektom zur Verfügung haben. Wir haben kein umfassendes Modell, wie das Nervensystem eines Fadenwurms sein Verhalten steuert. Was wir haben, ist ein Netz, in dem wir Experimente durchführen können. Doch das Konnektom selbst hat nichts erklärt.“

 Bin „Ich“ auch mein Darm?

Der Vagusnerv verbindet das Gehirn mit dem neuronalen Netz des Verdauungssystems. Wissenschaftler der University of Sothern California haben den Vagus-Nerv bei Ratten getrennt und dadurch die Gedächtnisfunktion im Hippocampus der Tiere so beschädigt, dass sie sie keine Information mehr über ihre Umgebung abrufen konnten – die Ratten fanden nicht mehr zu ihrem Futter zurück.

Noch bevor unser Gehirn sich im Laufe der Evolution in seine heutige Form entwickelte, hatte der Vagusnerv dafür gesorgt, dass unsere Vorfahren einen Hirsch finden konnten, den sie am Tag zuvor erlegt hatten. Manchmal waren die Ur-Hominini auch tagelang hinter einer Antilopenherde hergerannt und mussten dann zu ihrem Stamm zurückfinden. Dazu half ihnen auch das Nervensystem in ihrem Darm, das durch den Vagusnerv mit dem Rest da oben kommunizierte. Welches Konnektom war zuerst da? Das am Mund? Oder das am Darm?

Eine ernstere und wichtigere Frage ist aber: Ist unsere Fähigkeit, sich in der Umwelt zurechtzufinden nicht ein wichtiger Teil unseres „Ich“s? Wenn meine Schwester bei einer Waldwanderung eine Pause machen will, findet mein Schwager eine Kneipe im Umkreis von einer Viertelstunde Fußmarsch – egal wo wir uns befinden. Den Bierbrunnen zu finden, ist eine herausragende Fähigkeit seines „Ich“s, die ihn gut charakterisiert. Diese würde er aber ohne das neuronale Netz in seinem Darm nicht haben.

Was soll Nectome jetzt also machen, um das Bewusstsein seiner Kunden im Zeitalter der Quantencomputer auferstehen zu lassen? Den Darm des „Unsterblichen“ in einem zweiten Gurkenglas einlegen?

Die natürliche und die künstliche Intelligenz

Das Konnektom liefert den Stoff, aus dem die Träume vieler KI-Forscher sind, die über allgemeine künstliche Intelligenz nachdenken: Ein künstliches Netz in einem Computer, das klüger ist als der Mensch. Diese Träume können von den heutigen künstlichen neuronalen Netzen sicher nicht erfüllt werde. Jedes moderne noch so spektakuläre künstliche neuronale Netz wird auf eine einzige Aufgabe hintrainiert. Für eine zweite gekoppelte Aufgabe muss man ein zweites neuronales Netz programmieren, trainieren und dem ersten Netz anschließen.

In unserem Gehirn dagegen gibt es Milliarden neuronaler Netzwerke, die zusammen, aber auch gegeneinander arbeiten, die sich verstärken, aber auch hemmen. Dazu gehört nicht nur die richtige Verdrahtung dieser Teilnetzwerke sondern ihre Knoten – die Neurone. Erst wenn bestimmte Neurone synchron feuern, ist ein kleines neuronales Teilnetznetzwerk perfekt – eins der Milliarden Netzwerke in unserem Gehirn.

Doch nicht nur wegen ihrer kleinen Komplexität können sich die künstlichen neuronalen Netze nicht mit dem natürlichen Netz unseres Gehirns messen: Die künstlichen Netze sitzen in einem Käfig ohne Fenster und Türen. Die Neurone unserer Sinneszentren dagegen – wie die des visuellen Cortex oder des Riechkolbens – werden ständig mit frischen Daten aus unserer Umgebung bombardiert – mit allem, was wir sehen, hören, riechen, tasten und fühlen – sie reagieren darauf, setzen diese Reize in Signale um, leiten sie weiter, und wir lernen, vergessen aber auch, um Neues lernen zu können – ununterbrochen.

Das ist ein großer Unterschied zu einem im Computer emulierten Konnektom – ohne Sinne, ohne „Embodiment“ kann keine Intelligenz sich entwickeln und keine bestehen. Denn die Grundeigenschaft einer allgemeinen Intelligenz ist, in der Wechselwirkung mit ihrer Umgebung unablässig zu lernen. Je reichhaltiger die Umgebung, desto klüger die Intelligenz. Deswegen spielt „Embodiment“ zunehmend auch in der Künstliche-Intelligenz-Forschung eine Rolle.

Aufgrund der Reize aus der Umgebung produzieren die Neurone eine gewaltige Schar von verschiedenen Molekülen, die helfen, elektrische aber auch chemische Signale an benachbarte Neurone zu übertragen. Erst wenn die Neurone an ihren Instrumenten, den Leitungen des Konnektoms, richtig Musik spielen und sich zu einem Orchester zusammenschließen, entsteht das wunderbare Konzert des Bewusstseins – ein neues Ganzes, viel mehr als nur die Summe seiner Musiker und abermals mehr als die Ansammlung seiner Instrumente.

Ja! Ich bin mein Konnektom! Ich bin aber auch alle meine Gehirnaktivitäten und alle meine Sinnesorgane, die mein Gehirn ununterbrochen mit Daten versorgen. Ich bin mein ganzer Körper mit all seinen Organen und Gliedern.

Und der Darm gehört auch dazu. Und vielleicht noch etwas mehr.

Liebe Besucherin, lieber Besucher,   willkommen auf meinem SciLogs-Blog "Gehirn & KI".   Ich möchte hier über alle möglichen Aspekte der Künstliche-Intelligenz-Forschung schreiben. Über jeden Kommentar und jede Diskussion dazu freue ich mich sehr, denn wie meine Mutter oft sagte:   "Solange die Sprache lebt, ist der Mensch nicht tot."   Neues über künstliche Intelligenz, künstliche neuronale Netze und maschinelles Lernen poste ich häufig auf meiner Facebook-Seite: Maschinenlernen   Hier etwas zu meiner Laufbahn: ich studierte Chemie an der TU München und promovierte anschließend am Lehrstuhl für Theoretische Chemie der TU über die Entstehung des genetischen Codes und die Doppelstrang-Kodierung in den Nukleinsäuren.   Nach der Promotion forschte ich dort einige Jahre lang weiter über den genetischen Code und die komplementäre Kodierung auf beiden Strängen der Nukleinsäuren:   Neutral adaptation of the genetic code to double-strand coding.   Stichworte zu meinen wissenschaftlichen Arbeiten: Molekulare Evolution, theoretische Molekularbiologie, Bioinformatik, Informationstheorie, genetische Codierung.   Zur Zeit bin ich Fachdozent für Künstliche Intelligenz an der SRH Fernhochshule und der Spiegelakademie, KI-Keynote-Speaker, Schriftsteller, Bühnenliterat und Wissenschaftskommunikator. Auf YouTube kümmere ich mich um die Videoreihe unserer SRH Fernhochschule "K.I. Krimis" über ungelöste Probleme und Rätsel der Künstlichen Intelligenz.   U. a. bin ich zweifacher Vizemeister der Deutschsprachigen Poetry Slam Meisterschaften.   Mein Buch „Doktorspiele“ wurde von der 20th Century FOX verfilmt und lief 2014 erfolgreich in den deutschen Kinos. Die Neuausgabe des Buches erschien bei Digital Publishers.   Mein Sachbuch über Künstliche Intelligenz "Ist das intelligent oder kann das weg?" erschien im Oktober 2020.   Im Tessloff-Verlag erscheinen meine von Marek Blaha wunderschön illustrierten Kinderkrimis "Datendetektive" mit viel Bezug zu KI, Robotern und digitalen Welten.   Viel Spaß mit meinem Blog und all den Diskussionen hier :-).   Jaromir

Weder das Konnektom, noch eine komplette physikalische Simulation meines Gehirns bis auf die atomare Ebene, repräsentiert mich oder ermöglicht mir – wenn gespeichert – ein Weiterleben in einer Simulation. Nur eine Simulation, die auch die vollständige Aussenwelt beinhaltet, kann das. Zudem: Eine solche Simulation müsste es auch erlauben, dass sich das simulierte Konnektom ändert wie das im echten Leben ja auch passiert. Ein Leben als ewig fortexistierender Schnappschuss, der immer so bleibt wie er im Moment des Schnappschusses aufgenommen wurde, ist eher eine Horrorvorstellung, als das was man sich wünscht. Man wünscht sich nämlich ein Weiterleben in dem einem alles offensteht und nichts für immer fixiert ist.

Das sehe ich genauso. Nicht nur gefühlsmäßig, ich denke auch, dass wenn eine allgemeine KI entwickelt werden kann, es nur mit komplettem “Embodiment” geht. Tief lernende neuronale Netze sind großartige statistische Optimierungsverfahren, die wunderbar einzelne Aufgaben bewältigen können, jedoch eben nur das – Computerprogramme, auch wenn lernende. Komischerweise würden viele Menschen gern ihr Konnektom in ein Computer speisen lassen.

@Konecny Ich habe bei Ihrem letzten Blogbeitrag schon darauf aufmerksam gemacht (Thema: Nahtod-Erfahrung), dass wir uns lebenslang an früheste Erfahrungen erinnern. Wenn sich frühe traumatische Erfahrungen (rumänische Waisenkinder) lebenslang negativ auswirken sollte dies nicht verwundern. (offenbar sind hier epigenetische Veränderung erfolgt, was sich z.B. im Oxytocin-Spiegel bei sozialen Kontakten sogar messtechnisch erfassen lässt.) Der Begriff ´zustandsabhängiges Erinnern´ beschreibt, wie ´alte´ Erfahrungen in ´neues´ Wissen umgewandelt werden. D.h. wie wir erworbenens Wissen lebenslang nutzen, obwohl wir uns dauernd verändern.

Dass unser ´Bewusstsein´ nur eine Illusion ist – davon ging Buddha schon vor 2500 Jahren aus: weil es nur aus der raschen Abfolge von aktuell verarbeiteten Erfahrungen/Erinnerungen entsteht und daher nie länger als ein aktueller Gedanke andauert. (Nur aus der raschen Abfolge entsteht die Illusion, dass es ein zusammenhängendes/dauerndes Ich-Bewusstsein geben könne.) David Precht wies in seinem Bestseller ´Wer bin Ich und wenn ja, wie viele´ ebenfalls darauf hin, dass das Bewusstsein immer nur situationsabhängig entsteht und keine Dauer hat.

Oder anders gesagt – ein Konnektom kann seine Wirkung nur bei lebendigen Menschen entfalten.

Was die kindliche Amnesie angeht, ist sich die Forschung relativ sicher, dass es sie gibt. Der Hirnforscher Gerhart Roth sagt, es gebe bis jetzt keine belegbaren Beweise für Erinnerungen aus unseren ersten zwei Jahren. Das glaube ich ihm, zumal dies eigentlich mit der relativ späten Entwicklung vom Hippocampus erklärt werden kann.

Dass Traumata aus der frühen Kindheit im späten Leben eine Rolle spielen, könnte die frühere Entwicklung von Amygdala erklären.

Nahtoderfahrungen sind meiner Meinung nach nicht wissenschaftlich belegte Rauschzustande. Ich praktiziere seit über 30 Jahren ZenBuddhismus und habe schon selbst, bei Sesshins mit 8 Stunden Meditation am Tag, ganz wilde Zustände erlebt, die wohl von einem Gewitter an körpereigenen Opiaten in den Gang gesetzt wurden. ?

Dass aber ein Konnektom seine Wirkung nur bei einem lebendigen Menschen entfalten kann, wie Sie schreiben, bejahe ich sofort. ?

Sehr gut und auch mit einer Prise Humor gut gewürzt geschrieben. Danke.

“…ohne Sinne, ohne „Embodiment“ kann keine Intelligenz sich entwickeln und keine bestehen. Denn die Grundeigenschaft einer allgemeinen Intelligenz ist, in der Wechselwirkung mit ihrer Umgebung unablässig zu lernen. Je reichhaltiger die Umgebung, desto klüger die Intelligenz…”

Ergänzung zum Begriff “Selbst-Lernen”: Welche Entscheidungen intelligenter, als andere sind, lässt sich erst hinterher, aus der Nach-Reflexion über die erzeugten Folgen für das dadurch veränderte Gesamtsystem beobachten, beschreiben und bewerten. Wie soll das KI’s oder AI’s jemals bewerkstelligen, geschweige denn dies intelligenter hinbekommen, als Menschen, der sich selbst als Einzelner und als Gruppe ja selbst nicht “begreifen”, aber sich begeistern können für den Mythos, es ließen sich “Rechenmaschinen” bauen, die genau dazu und zu noch viel mehr in der Lage wären? Das soll intelligent sein?

So manchem Intelligenzbolzen unter den KI-Entwicklern wünsche ich da etwas mehr Intelligenz im erkennen dessen, was er nicht mehr in seiner Begeisterung zu erkennen scheint, nämlich seine eigenen mitwachsenden “blinden Flecken”, je mehr er erkennt.

Intelligent wäre es “sehen” zu lernen, was man selbst und gemeinsam nicht sieht und sehen kann, weil man nur etwas sehen kann, indem man den weit größeren Rest ausblendet. ?

Ich muss zugeben, dass ich mir oft wünschte, dass die Informatiker unter uns sich auch etwas mit der Hirnforschung und der Psychologie auseinandersetzen, und ja, auch moralische Überlegungen anstellen würden.

Andererseits bin ich auch ziemlich begeistert davon, was uns die KI-Forschung momentan liefert. Das heißt all das, was künstliche neuronale Netze bewerkstelligen können.

Mittlerweile denke ich, dass die Erde und wir nur mit Hilfe von deep learning neural Networks gerettet werden können. Das ist wohl zu pathetisch gesagt. Dass wir aber die Umweltzerstörung allein nicht mehr verhindern können, zeigen mir die momentanen politischen Streitereien jeden Tag.

Vor allgemeiner KI habe ich keine große Angst, da ich davon überzeugt bin, dass diese Singularität auf sich noch lange warten lässt, wenn es überhaupt möglich ist, sie zu entwickeln.

Sollte es aber doch passieren, dann glaube ich, was der KI-Pionier Sepp Hochreiter sagt:

“Würde es wirklich intelligente KIs geben, die gescheiter sind als wir Menschen, die würden sofort die Erde verlassen und im Asteroidengürtel Mineralien abbauen. Wieso sollten sich die KIs mit Menschen um Ressourcen streiten, die sie gar nicht brauchen? Die brauchen doch keine gelbe Rübe oder Gurke, die brauchen Energie, und die finden sie anderswo besser.” ?

Man vergleiche dazu die Forschungsrichtung der “Embodied, Embedded Cognition” oder EEC, sowie bei den Philosophen das Gedankenexperiment “Gehirn im Tank” von Hilary Putnam.

Ein lebendes Gehirn/Konnektom braucht selbstverständlich die gesamte “Außenwelt”, d.h. alles was außerhalb des Konnektoms ist, nicht nur die Sinne, auch die Motorik. Das Gehirn muss lernen, welche Fähigkeiten und welche Grenzen der Körper hat! Für ein künstliches Gehirn, oder das Gehirn im Tank, könnte die Außenwelt jedoch simuliert werden. Es wären allerdings noch andere Aspekte zu beachten, die hier nicht relevant sind, z.B. die Sauerstoffversorgung und die Abfallentsorgung des Gehirns.

Danke für Ihre wichtige Anmerkung! Die Motorik ist selbstverständlich auch wichtig, wie Sie schreiben. Schon unser Hippocampus, der schlüsselhaft ist fürs Lernen und Gedächtnis, kann wohl mit Bewegung und vor allem mit komplexen Bewegungungen wie das Tanzen oder Jonglieren auch im Erwachsenenalter maßgeblich entwickelt werden – adulte Neurogenese. Außerdem schützen uns diese komplexen Bewegungen vor Alzheimer und anderen Demenzkrankheiten, was wiederum zeigt, wie wichtig der ganze Körper für die Intelligenz ist. ?

Ich habe auch schon überlegt, ob man den Input aus der Umwelt für ein künstliches Konnektom im Computer einfach simulieren könnte, wenn ich aber bedenke, welche Menge an Daten schon unsere Netzhaut ins Gehirn überträgt, oder wie viele “Sensoren” es in der Haut gibt, ist es wohl einfacher, künstliche Sensoren für Roboter zu entwickeln, samt Haut usw., und sie dann in einer adäquaten Umgebung sich entwickeln lassen, als solch komplexe Welten im Computer nachzubilden, die ein emuliertes Konnektom zu seinem digitalen Leben brauchte.

Eins ist aber relativ sicher: Egal, was man später im Computer simulieren kann: Mein “eingelegtes” Gehirn ist in hundert Jahren nicht das, was “Ich” jetzt bin. ?

@Jaromir Konecny; In der Tat wäre die vollständige Simualation der Außenwelt völlig unrealistisch. Das geht nur im Gedankenexperiment. Umgekehrt wäre es durchaus realistisch, einem Roboter Signale seines eigenen Zustandes zu vermitteln, zum Teil ist es ohnehin notwendig aus funktionalen Gründen wie auch aus Gründen der Sicherheit und der Wartung. Ein Roboter, der neben den Informationen über die Außenwelt genügend Informationen über seinen Zustand bekäme und langfristig speichern würde, zusammen mit Bewertungsfunktionen, z.B. angenehm und unangenehm, könnte durchaus ein Beweisstsein zeigen, kein menschliches selbstverständlich, sondern ein roboterspezifisches.

Das Konnektom ist eine Sache, die Dynamik der Hirnprozesse ist eine andere. Das Hirn steht nicht still, keine Sekunde. Elektrische Ströme oder komplexe chemische Reaktionen lassen sich nicht einfach anhalten. Es ist meiner Ansicht nach eine Illusion, das lebende oder tote Hirn einfrieren zu wollen, um es in demselben Zustand wieder aufzuwecken.

Das natürliche Hirn ist nicht nur außerordentlich komplex, es ist auch chaotisch, stark vermascht und hochredundant. Man kann es nicht abschalten wie den Computer und wieder anschalten ohne Datenverlust.

Da haben Sie sicher recht. Ich wundere mich nur manchmal, warum’s andere kluge Leute nicht sehen. ?

Die Philosophen haben sich noch ein verwandtes Gedankenexperiment einfallen lassen, den sogenannten “Sumpfmann” von Donald Davidson 1987. Im Kern geht es darum, ob man ein Hirn vollständig kopieren oder übertragen könnte. Man kann daran viele Überlegungen knüpfen, ob sinnvoll oder nicht.

Danke! Dieses Gedankenexperiment kenne ich nicht. Damit muss ich mich auseinandersetzen. ?

@Konecny: Wenn jemand einen starken Glauben hat, dann helfen wohl keine Argumente – soviel zum Thema ´infantile Amnesie/Nahtod-Erfahrung´.

Ein Gehirn im Computer zu emulieren, geht nicht weil Neuronen völlig anders arbeiten als Transistoren. Außerdem braucht unser Gehirn für seine Arbeit immer den funktionsfähigen Körper (Embodiment) für eine notwendige Rückreaktion: z.B. wenn Gesichtsmuskeln mit Botox lahmgelegt werden, dann stört dies das Erkennen von Gefühlen bei anderen Menschen oder das Verständnis von Buchtexten mit emotionalem Inhalt.

Es geht einfach um die Falsifizierbarkeit: Ich weiß, dass wissenschaftliche Theorien und Hypothesen falsifizierbar sein müssen. Deswegen kann ich mich viel besser auf Ergebnisse wissenschaftlicher Forschung verlassen als auf ad hoc-Behauptungen von Menschen, die sich an dieses System der Falsifizierbarkeit nicht halten.

Sonst müsste ich ja jedes Fach selbst studieren, und das geht nicht. Klar gilt eine wissenschaftliche Hypothese nur so lange, bis ein anderer Wissenschaftler in einem wiederum falsifizierbaren Experiment zeigt, dass sie falsch ist.

Das hat mit dem Glauben nichts zu tun. Der Glaube ist das nicht Falsifizierbare und somit Nichtwissenschaftliche.

off topic @Konecny: Die wichtigsten Grundlagen für unser Sprachvermögen, die Motorik und unser Sozialverhalten beruhen auf Erfahrungen (= Erinnerungen) vor dem 2. Lebensjahr.

Stand der Wissenschaft ist – dass unsere Erfahrungen in einem komplexen neuronalen Netzwerk im Gehirn abgespeichert sind. Die Idee – dass Bestandteile von neuronalen Netzwerken ab dem 2. Lebensjahr nicht mehr zugänglich sind – ist fragwürdig; da damit eine solche Erfahrung nicht mehr komplett ist.

“Dass unsere Erfahrungen in einem komplexen neuronalen Netzwerk im Gehirn abgespeichert sind”, der Stand der Wissenschaft sei, wie Sie schreiben, stimmt nicht. Das ist eher die Meinung von einigen KI-Leuten und dem Neurophysiker Sebastian Seung. Davon handelt doch mein ganzer Blogbeitrag, den wir hier kommentieren, dass dem nicht so ist. Im Text oben habe ich einige Stimmen der Hirnforscher dazu direkt zitiert.

Da haben Sie vollkommen recht! Erfahrungen aus den ersten zwei Lebensjahren sind wohl die wichtigsten. Nur kann man sich an diese Erfahrungen nicht erinnern. Zumindest, wenn man der Hirnforschung und der Psychologie glauben darf, sind keine Fälle dokumentiert, die solche Erinnerungen wissenschaftlich belegen würden.

Was wir unter “Erinnerung” verstehen, wird durch die neue Hirnforschung aber sowieso stark relativiert: Auch unsere Erinnerungen an spätere Lebensabschnitte werden durch unsere nachfolgenden Erfahrungen stark beeinflusst, ja, geändert. Eine 1:1-Erinnerung gibt es wohl nicht. Wir Menschen sind nun mal keine Roboter. Oben erwähnen Sie Buddha, der das Bewusstsein für eine Illusion gehalten habe. Was ist dann eine Erinnerung, wenn schon das Bewusstsein eine Illusion sei? ?

Die Buddhisten haben schon vor 2500 Jahren verstanden, dass unser Gehirn bzw. unsere Wahrnehmung auf Grundlage simpler Mustervergleichsaktivitäten funktioniert. Dies kann man zur Kenntnis nehmen oder sich darüber lustig machen.

Ein Kinofilm ist aus unbewegten Einzelfotos aufgebaut – wir nehmen aber bewegte Bilder wahr – eine Illusion unserer bewussten Wahrnehmung.

Oder anders ausgedrückt: Wenn im Gedächtnis gespeicherte Erfahrungen rasch nacheinander reaktiviert werden – kann aus unabhängigen Einzelelementen die Illusion von zusammengehörender Kontinuität entstehen

@KRichard; Haben Sie noch nie etwas vergessen? Das Konnektom ist sehr plastisch. Synapsen werden laufend gebildet, andere verschwinden wieder wenn sie zu wenig aktiviert werden. Im Gegensatz dazu bleiben die meisten Nervenzellen lebenslang erhalten, neue werden kaum gebildet.

Ich glaub der Sueng weis schon dass das Konnektom sich ständig verändert und von Hormonen usw. beeinflusst wird, dass es aber die zentrale Rolle spielt finde ich nicht so abwegig wenn man bedenkt dass sogar primitive Nachbildungen des Konnektoms im Computer in der Lage sind Katzen von Hunden zu unterscheiden.

Eine krasse Technik die momentan völlig unter dem Radar läuft die aber unser Verständnis des Gehirns revolutionieren wird ist die hier: Das Startup Openwater erklärt wie die Technik funktioniert, ich mach es kürzer unter dem Hyperlink Die Gründer Mary Lou Jepsen ist mehr als solide, sie war ein hohes Tier bei Google, Facebook, Intel und Professorin am MIT. Sie behauptet sie kann mit Hilfe von Infrarotlicht und moderner Handytechnik ne 100.000 mal höhere Auflösung erreichen als heutige MRI-Geräte und das bei wesentlich geringeren Kosten, ein absolut irres Ding das, wenn sie es hinkriegt, von Krebsdiagnosen bis hin zum Lügendetektortest ne Vielzahl von Feldern revolutionieren kann, klingt irre scheint aber solide zu sein. Wer tiefer ins Thema eintauchen will dem kann ich auch dieses Podcast-Interview mit ihr empfehlen. Ist grundsätzlich ein super Podcast den ich sehr empfehlen kann, er hat übrigens auch deinen Buchtipp David Eagleman interviewt.

Danke für den Hinweis und den Link. Das klingt interessant! Morgen bekomme ich hier wieder etwas Luft und gucke’s mir an.

Sueng ist ein Konnektom-Experte, und ich schätze ihn sehr. Sein Konnektom-Buch ist großartig (im Blogtext oben verlinkt). Nur denke ich eben nicht, dass das Konnektom uns so stark definiert, wie er glaubt. Eigentlich denken nur wenige Hirnforscher so.

Die heutzutage verwendeten künstlichen neuronale Netze, die u. a. Hunde von Katzen unterschreiben können, sind aber keine primitiven Nachbildungen des Konnektoms, sondern viel kleinere Netze, die rudimentär tatsächlich dem Gehirn abgeschaut wurden. Solche Netze können nun mal mit Hilfe von Mathematik sehr gut Muster erkennen und Sachen Klassifizieren, also lernen und dann verallgemeinern. Meistens bei konkreten Aufgaben viel besser als der Mensch.

Nur braucht dieses künstliche Netz für sein Training viel mehr Daten als der Mensch. Aber auch hier entwickelt man die künstlichen Netze weiter. Wohl bedient sich das Gehirn für seine Optimierungen auch solcher Netze, nur ohne mathematische Formeln wie die künstlichen. ? Ich glaube auch, dass das Konnektom seine Bedeutung hat, mein Konnektom ist für mich sicher sehr wichtig, wie es in meinem Blogtext auch steht, nur eben definiert es nicht allein mein “Ich”, reicht also nicht, um mich irgendwann im Computer nachzubilden.

Es bleibt selbstverständlich noch die Frage: Was definiert mein „Ich“ zu einem größeren Teil: Das Konnektom oder die Gehirnaktivitäten darin, also die Feuerkonzerte der Neurone und ihrer Verbände. Ich glaube, eher das zweite.

@reutlinger, @Konecny: Dass wir Details vergessen, steht nicht zur Diskussion. Die Idee der infantilen Amnesie geht davon aus, dass wir wesentliche Erfahrungen eines längeren Lebenszeitraumes nicht mehr absichtlich erinnern können. Mit dem Stichwort infantile Amnesie oder frühkindlicher Gedächtnisverlust bescheibt man das Phänomen, dass man sich an Erlebnisse vor dem 2.-4. Lebensjahr nicht mehr absichtlich erinnern kann.

Interessanterweise ist diese infantile Amnesie kulturell unterschiedlich ausgeprägt: z.B. können sich Europäer eher an frühere Erlebnisse erinnern als Asiaten. Da man nicht anzunehmen braucht, dass die Biologie der Gehirne von Asiaten anders ist, als bei uns – darf man davon ausgehen, dass dieser Effekt kulturell bedingt ist (dazu gibt es wissenschaftliche Untersuchungen: Europäer, Asiaten, Maori erinnern unterschiedlich).

@Konecny: http://www.sciencedaily.com/releases/2014/11/141117164334.htm ´Finding ´lost´ languages in the brain´: Kinder die chinesisch sprachlich aufgewachsen sind und im Alter von 3 Jahren in französisch-sprachliche Familien kamen – reagierte im Alter von 9-17 Jahren genauso (Gehirnscan) wie Chinesen auf chinesische Sprache.

Simcock G., Hayne H. 2002, Braking the Barrier? Children fail to translate their preverbal memories into language: bei dieser Arbeit konnte gezeigt werden, dass ´infantile Amnesie´ ein Übersetzungsproblem ist. Vorsprachliche Erfahrungen sind im Gedächtnis vorhanden, können aber nicht sprachlich übersetzt werden, wenn das Sprachvermögen zunimmt.

@Konecny: Mein Erklärungsmodell für Nahtod-Erfahrungen(NTEs) zeigt, dass man sich lebenslang bewusst an Erfahrungen ab dem 5. Schwangerschaftsmonat erinnern kann – und zwar sogar in der gleichen Reihenfolge, wie sich die Sinne entwickeln: Fühlen(Hautkontakt) > Hören > Sehen > Geburt(indirekt) > … Die Inhalte bzw. Abfolge-Strukturen dieser Erinnerungen sind in vielen NTEs erkennbar. Allerdings werden sie einfach nicht erforscht, weil die esoterische Glaubensmeinung vorherrscht, ´dass NTEs nicht erklärbar sind´. Dies wäre eigentlich ein schönes Beispiel wie Glaube den wissenschaftlichen Erkenntnisfortschritt behindert.

Eine genaue Kopie von mir selbst ist jemand anderer als ich. Das sieht man dann besonders deutlich, wenn auch mein Original am Leben bleibt. Das zerstören meines Originals ändert nichts daran, dass die Kopie jemand anderer als ich ist. Wenn die Kopie unvollständig informiert wäre, dann könnte sie glauben, dass sie das Original ist. —– Wie reagieren Menschen, wenn ihr Vagusnerv durch Unfall oder Krankheit zerstört wurde?

Ja, das ist ein interessantes Gedankenexperiment: Was wäre eine genaue Kopie von mir?

Dass der Nerv auch für den Kopf wichtig ist, zeigt neuerdings seine Stimulierung, eine neue Therapiemethode, mit der man wohl u. a. Depressionen und Schmerzen behandeln kann.

Was genau beim Menschen bei der vollständigen Durchtrennung des Vagusnervs passiert, weiß ich nicht, glaube aber, sie ist gravierend. Hier sind einige der wichtigen Funktionen des Vagusnervs beschrieben:

http://mentalfloss.com/article/65710/9-nervy-facts-about-vagus-nerve

Ein Mensch ist immer mehr als er momentan ist. Er kann auch jemand anderes sein und das sogar nur aus einer Laune heraus oder aber weil der die Konsequenzen aus seinen Erfahrungen gezogen hat und sich vollständig “umprogrammiert”. Soweit diese Fähigkeit sich zu ändern Resultat eines Lernprozesses ist, haben nun auch neuronale Netze,diese bis jetzt dem Menschen vorbehaltene Fähigkeit – allerdings nur im engen Bereich des Mustererkennens, der Klassifizierung, der Zuordnung eines verrauschten Inputs (Kind im Regen) zu einem eindeutigen diskreten Output (Erika genässt von Nieselregen). Doch sogar das ist nur Theorie. Heutige neuronale Netze, heutige Deep Learning – Systeme lernen nur während der Trainingsphase. Anschliessend, also bevor sie auf die Leute losgelassen werden, wird das erworbene Wissen eingefroren und der trainierte Automat wird zum simplen Reagierenden, der auf (lange vorher) eintrainierte Reize gemäss seinem Wissen antwortet. Kontinuierliches Lernen ist heute noch nicht möglich, weil es mit der Gefahr des katastrophalen Vergessens verbunden ist und wer will schon ein Auto, das nun neu auch das Auto des Nachbarn an der Art seines Scheinwerferlichts erkennen kann, das aber vergessen hat, was “Grün” an der Ampel von “Rot” unterscheidet. Ich behaupte sogar: Kontinuerliches Lernen ist bei Anwendungen wie dem selbstfahrenden Auto generell problematisch und letztlich nicht erwünscht, denn was selbstfahrende Autos tun und anrichten, dafür muss am Schluss der Autohersteller geradestehen – und der will nur für das geradestehen, was er ausgeliefert hat oder was er zum letzten Mal upgedatet hat und nicht für die Flausen, die sich das Auto selbst beigebracht hat. Ja, ein autonomes selbstfahrendes Auto soll gar nicht wie ein Mensch denken, reagieren und lernen, sondern im Bereich seiner Aufgabe – dem sicheren Fahren – soll es über superhumane Fähigkeiten verfügen und damit so wenig Fehler wie möglich begehen – weniger jedenfalls als der durchschnittiche Fahrer. So etwas ist aber nur möglich, wenn das Auto genau so reagiert wie es vorgesehen ist und nicht etwa aus einer Laune heraus kurz mal eine Vollbremsung hinlegt oder sich im Tango-Schritt (oder Tango-Roll?) bewegt. Wie aber kann man mit Deep Learning einem selbstfahrenden Auto superhumane Fahrfähigkeiten implantieren? Indem man die Daten über Millionen bis Milliarden Fahrsituationen und Fahrmeilen als Trainingsdaten benutzt, das so trainierte Netz ins Autofahrsystem lädt und dieses Goldkerlchen anschliessend “versiegelt”, damit es genau das tut, wofür es trainiert wurde. Beim autonomen Auto ist der Satz “Es ist sein Konnektom” [das was eingebrannt wurde] also eventuell sinnvoller – jedenfalls weit sinnvoller als bei Fritz, dem Besitzer des Autos, der jetzt vielleicht gerade zum Fenster hinausschaut und sich das Gesicht bräunen lässt.

@Karl Bednarik: Eine genaue Kopie von mir selbst ist jemand anderer als ich. Klar doch, das merken sie spätestens wenn ihre Kopie mit ihrer Frau ins Bett geht.

Um eine vollständige Kopie zu machen, müsste man einen zeitlichen Schnitt definieren, alle Prozesse des Gehirns anhalten bis die Kopie fertig ist, oder man müsste instantan eine Kopie aller Atome und freien Elektronen in ihren jeweiligen Zuständen machen. Beides ist selbstverständlich nur als Gedankenexperiment möglich. Würde es gelingen, dann hätten beide Kopien gleichzeitig den Wunsch, mit der Frau ins Bett zu gehen, aber im nächsten Augenblick würden sich die Kopien unterscheiden und getrennte Wege gehen.

Es wäre interessant zu erfahren, wann das Original und seine Kopie sich durch die Wechselwirkung mit ihrer jeweiligen Umwelt so unterscheiden, dass ihr “Ich” als ganz unterschiedlich betrachtet werden könnte.

Martin Holzherr “Ein Mensch ist immer mehr als er momentan ist.”

Mit diesem Denkansatz lässt sich etwas anfangen. Wenn wir den noch kombinieren mit der Computerstruktur von Hardware und Software, dann ist der Mensch nicht nur das Konnektom. In dem Konnektom” fließt ein Fluß von Gedanken” und wenn da nichts mehr fließt, dann sind wir tot, hirntot.

Ob man den Gedanken eine eigene Existenz zuordnen will , das lasse ich mal offen. Interessant in diesem Zusammenhang ist ein Streit zwischen Sir Arthur Conan Doyle und seiner Romanfigur Sherlock Holmes, wer den nun die wichtigere Person sei, der Schriftsteller oder seine geschaffene Kunstfigur ?

Dieser Sherlock Holmes ist nur reine Fiktion, oder ist es mehr, wenn viele möchtegern Detektive diesem Vorbild nacheifern. Dieser Sherlock Holmes bewirkt etwas, wie ein realer Mensch. Und in 2000 Jahren werden alle glauben, dieser Homes hätte wirklich gelebt. Da fragt man sich , baut die Realität immer auf Realem auf ? Oder sind die Ideen das Reale, wie Plato meint?

Das finde ich schön! Jemand (Reich-Ranicki?) hat mal gesagt, ein guter Roman ist klüger als sein Autor.

Hei Lennart, toll ihre Ideen und Gedankenexperimente! Für mich ist die Antwort auf die von ihnen aufgeworfenen Fragen aber klar: Der Mensch unterscheidet sich vom Tier und von der heutigen künstlichen Intelligenz genau dadurch, dass er die Realität [in Gedanken] verlassen kann, dass er beispielsweise kontrafaktisch (siehe counterfactual im verlinkten Artikel) denken kann. Nur darum kann der Mensch Pläne schmieden (und darauf hinleben), die sich erst in Jahren oder gar nie realisieren. Und ja, eine Idee kann so stark werden, als wäre sie zur Realität geworden. Allerdings gilt das nur, wenn man Ideen anderen Menschen vorträgt, denn nur die anderen Menschen, die Zuhörer, Zuschauer und Mitdenker wissen überhaupt was der Unterschied zwischen einer Idee, einer Erfindung und der Realität ist und sie wissen auch wie man Ideen in Realität umsetzt (oder es sich mindestens wünscht).

@Jaromir Konecny; Ein Modell für die Entwicklung von Kopien sind sicher eineiige Zwillinge. Auf Grund ihrer genetischen Identität weisen sie viele Gemeinsamkeiten, aber auch Unterschiede auf. Dazu gibt es schon viele Studien. Naturlich ist das nicht uneingeschränkt mit Hirnkopien vergleichbar.

Das stimmt! Da haben Sie recht. Nur sind eineiige Zwillinge tatsächlich nur “genetisch” gleich, und auch das nicht ganz, denn auch da soll es bei der Befruchtung zu Unterschieden in der DNA-Rekombination kommen. Inwieweit zwei Erwachsene auseinander dividieren können, würde auch zeigen, wie ein nahezu fertiges Konnektom uns definiert.

Eine Überlegung zum Kopieren von Lebewesen: https://www.e-stories.de/view-kurzgeschichten.phtml?27992

@Lennart (Zitat): Ob man den Gedanken eine eigene Existenz zuordnen will , das lasse ich mal offen. …Da fragt man sich , baut die Realität immer auf Realem auf ? Oder sind die Ideen das Reale, wie Plato meint? Nein, Realität ist etwas ganz anderes als die Ideenwelt. Das wissen im Prinzip alle, nur wollen es nicht alle zugeben. Vielmehr wurden für Ideen wie den Kommunismus, das Ariertum, den reinen Glauben und vieles mehr Millionen von Menschen geopfert.

Mein Schluss daraus: Ideen, Fiktionen und Ziele machen zwar den Menschen aus – sie repräsentieren aber nicht nur das Gute, sondern auch das Schlimmste, was die Menschen in ihrer Geschichte gemacht haben. Für mich braucht es eine Harmonie, einen Ausgleich zwischen harter Realität und harter Idealität: Das ist der Empirismus, die Pragmatik, der Utilitarismus. Einige vor allem britische Philosophen und Wissenschaftler haben das viel früher erkannt als die meisten deutschen Philosophen. In Deutschland wirkt der idealistische Furor bis heute.

In Bezug auf KRichard gestern 13:49 und Jaromir Konecny gestern 21:04:

Nach meinem Verständnis meinte der Buddha mit *Bewusstsein ist nur eine Illusion* keinesfalls, dass das B. keine Realität ist/hat (es keine R. gibt – “alles“ eine Illusion ist). Erinnerungen gibt es insf. selbstverständlich auch; sie sind Wirklichkeit/Fakt (zu schweigen von den Dingen an die man sich erinnert). Auch wenn solche “Dinge“ wie Gedanken/Erinnerungen/Hoffnungen usw. (Bewusstseinsinhalte) “immateriell“ (sehr feinstofflich) sind. Dass sie aus dem materiellen Gehirn/Körper hervorgehen —- mit ihm “kooperieren“/zusammenhängen; in der Regel einen Körper als “Heimstätte“ brauchen (Assoziation ggfls. zu Komplementarität; gegenseitige Bedingung/Auslösung) —- ändert daran nichts.

Der Buddha sprach (meines Wissens nach) auch nicht von einem illusionierten Bewusstsein, sondern einer illusionierten Seele, einem i. Selbst. Die Vorstellung eines unvergänglichen Selbst (bzw. einer unvergänglichen Seele) ist eine Illusion. Falscher (unrealistischer), wenn auch verständlicher, Idealismus (Glaube). Was, wie KRichard richtig sagt, auch damit zusammenhängt, dass aus der raschen Abfolge (dem raschen Wechsel) des Denkens/Bewusstseins der Eindruck entsteht, es sei/gäbe ein (“ewiges, unsterbliches“) Kontinuum. Woraus, aus dieser Hoffnung/Überzeugung, auch der Schöpfergottglaube seinen (verständlichen – od. ja auch nicht grundsätzlichen schlechten) Glauben bezieht.

Wie geschrieben praktiziere ich seit über 30 Jahren ZenBuddhismus mit einer Stunde Zazen am Tag und früher auch exzessiven Zen-Sesshins bei Pater Lassalle. Als Naturwissenschaftler versuchte ich aber schon immer die zwei Sachen zu trennen: die buddhistische oder auch taoistische Philosophie und die Naturwissenschaft. Ich glaube, es sind zwei verschiedene Sachen. Klar könnte ich jetzt z. B. Buddhas Schriften oder Tao Te King von Laotse nehmen, mir Sätze rauspicken, sie mit der modernen Hirnforschung vergleichen und sagen: “Buddha und Laotse wussten schon damals, wie das Gehirn funktioniere.” Diese konkreten und belegten Ergebnisse, die wir jetzt haben, hatten sie aber nicht, die liefert uns die moderne Hirnforschung und nicht die alten Philosophen.

Diese Philosophen sind für mich aber auch sehr wichtig, nicht mit ihrer Naturwissenschaft, die sie nicht hatten, sondern mit ihrer Lebensweisheit, z. B. die Taoisten mit: “Von dem Schauen kommt das Staunen, und von dem Staunen kommt die Freude.”

Ich freue mich, wenn Sie hier auch diese philosophischen Zusammenhänge erläutern, auch das belebt das Denken, doch ich bleibe hier lieber bei der Wissenschaft.

@Krüger: Mit dem Hinweis auf Buddha wollte ich nicht in eine philosophische Diskussion einsteigen – sondern es geht nur darum, dass schon seit 2500 Jahren bekannt ist, wie Denken funktioniert und ein Bewusstsein entsteht.

Wenn einige KI-Forscher aber anstreben, ein Gehirn zu emulieren oder seine Arbeitsweise als Vorbild zu nehmen – dann kann ich das Buch von Julia Shaw ´Das trügerische Gedächtnis – wie unser Gehirn Erinnerungen fälscht´ (ISBN: 978-3-446-44877-3) empfehlen. Darin kann man viele Beispiele dazu lesen, wie fehlerhaft unser Gehirn arbeitet. (kürzlich hieß es in einem TV-Beitag zum Gehirn, dass bisher über 150 kognitive Fehler bekannt sind)

MH Die Realität ist etwas anderes als die Ideenwelt. Das ist die Ausgangsposition. Das störend Glied bei dieser Denkweise bleibt der Mensch. Der lässt sich eben nicht nur auf Reales reduzieren, sondern der beinhaltet auch die Zukunft, wie es Stefan Andres in seinem Buch „Wir sind Utopia“ beschreibt. Deswegen läßt sich die Ideenwelt nicht wegabstrahieren, die ist genau so real wie Wassermangel oder Nahrungsüberfluss.

Auch wenn es schwer fällt, der irrationale Mensch ist Fakt.

@Lennart (Zitat): Auch wenn es schwer fällt, der irrationale Mensch ist Fakt. Dem kann ich nur zustimmen. Dieser irrationale Mensch voller Ideen in die er eventuell viel investiert ist Teil der Realität. Mit andern Worten: Nicht die Ideen des Menschen sind Realität, sondern die Ideen in den Menschenköpfen sind Realität. Das ist nicht dasselbe. Es bedeutet, dass Ideen ganz klar lokalisiert sind. Sie sind nicht irgendwo in der Natur oder Welt vorhanden, sondern in den Köpfen von Menschen. Dieser Gedanke relativiert die Ideenwelt etwas. Denn der Kopf eines Menschen ist im Vergleich zur ganzen Welt nicht besonders gross.

Warum schreiben Sie eigentlich andauernd von “Deep Learning Neural Networks”? Der Ausdruck ist mindestens unüblich. Ich habe ihn noch nie in dieser Kombination gesehen.

Neuronale Netze (NNs) sind eine Variante von trainierbaren Modellen funktionaler Zusammenhänge innerhalb aller Deep Learning Methoden. Manchmal werden die beiden Begriffe synonym verwendet, das ist aber ungenau. Es gibt zum Beispiel auch noch Deep Forests. Das Optimierungsverfahren, das zum Training von NNs benutzt wird, ist Backpropagation.

Andauernd schreibe ich von “Deep Learning Neural Networks” nicht, im Blogtext oben nur einmal. ? Eigentlich verwende ich eher den Begriff “künstliche neuronale Netze” – viel steht darüber in meinem vorletzten Blogbeitrag.

Die momentane “Revolution” in lernenden Systemen verdanken wir aber tatsächlich deep learning neural networks (DLNN, tief lernenden neuronalen Netzen – siehe Deep Minds AlphaGo, AlphaGo Zero und AlphaZero u. v. a.) und nicht Entscheidungsbäume-Programmen (Random Forest, Deep Forest), obwohl sie vielversprechend sind, da sie mit viel weniger Daten als DLNN arbeiten können.

Wie in meinem vorletzten Blogbeitrag steht: DLNN müssen mit sehr vielen Daten lernen, die haben wir jetzt aber, und deswegen stehen sie jetzt massiv im Vordergrund. Beide Arten des Maschinenlernens wie DLNN und Random Forest bzw. Deep Forest-Programme können aber kombiniert werden.

DLNN kann in einem sehr großen Datensatz Objekte/Muster mit bestimmten Eigenschaften finden und zusammen clustern, also klassifizieren .

In Entscheidungsbäumen (Random Fores) werden Objekte anhand von bekannten/gewünschten Eigenschaften gefunden.

Unüblich ist der Ausdruck “deep learning neural networks” heutzutage nun wirklich nicht, auch wenn ich, wie geschrieben, im Deutschen meist den Ausdruck “künstliche neuronale Netze” benutze, da ich hin und wieder auch die nicht “tiefen” meine.

Ausführlich dazu habe ich hier geschrieben:

https://scilogs.spektrum.de/gehirn-und-ki/die-geheimnisvolle-innenwelt-der-kuenstlichen-intelligenz/

Witzig, Sie jetzt hier. Ich erinnere mich noch an Ihren Auftritt bei der Shuttle-Lesung in Dachau: http://scienceblogs.de/gesundheits-check/2015/05/16/aberglaube-und-alternativmedizin-in-dachau-heute/

Viel Erfolg bei den Scilogs!

Hallo Herr Kuhn, danke! Selbstverständlich erinnere ich mich an Sie: Noch einmal vielen Dank für Ihren schönen Artikel über meinen Auftritt damals und für den Euphemismus, dass ich mit “leichtem tschechischem Akzent” vortrage. ? Liebe Grüße Jaromir

Früher sagte/diskutierte man ´Ich bin mein Gehirn´ – heute sagt/diskutiert man ´Ich bin mein Konnektom´. Man nehme einen neuen Begriff und schon ist es eine neue Idee.

Esoterik: Es gibt Materie und Energie einerseits, und es gibt andererseits die räumliche oder zeitliche Anordnung von den Ersteren. Diese Anordnung selbst ist tatsächlich immateriell, wenn sie auch von irgend einer beliebigen Materie oder Energie dargestellt werden muss. Diese Anordnung ist also Geometrie in der Raumzeit, oder Information. Unsterblichkeit: Wenn eine genaue Kopie von mir selbst jemand anderer mit ansonsten gleichen Eigenschaften ist, dann verhilft das Hochladen des eigenen Gehirnes in einen Computer überhaupt nicht zur eigenen Unsterblichkeit, sondern nur zu einem kompetenten Stellvertreter.

Ihre Analyse mit der Gedankenwelt ist absolut richtig, Der Körper und der Geist sind im Menschen untrennbar verbunden. Wir befinden uns mit solchen Gedanken schon an der Grenze des „Erfahrbaren“, des mit Begriffen Erfahrbaren. Und wenn es stimmt dass, wir nur über etwas nachdenken können, von dem wir einen Begriff haben, dann befinden wir uns an der Grenze unserer Möglichkeiten.

Im wirklichen Leben, nicht dem Leben wie wir es uns im Kopf vorstellen, machen wir Erfahrungen, die unser Bewusstsein erschüttern. Die gar nicht so sind, wie wir es für möglich gehalten haben. Sie müssen dazu wissen , dass ich schon Opa bin und über 70. Viele meiner jüngeren Verwandten sind vor mir gestorben, einige meiner Freunde auch. Und dabei stellt sich die Frage nach dem Sinn des Lebens. Warum dieses Streben nach Glück, nach Besitz, wenn doch alles am Ende zu Asche wird.

Dann beginnt man in sich hineinzuhorchen und stellt fest, da ist doch eine Lücke, eine geistige Leere. Und dann erinnert man sich an diesen Gott, von dem man in seiner Jugend in der Schule gehört hat. Und dann geht man in eine Kirche, aus Neugier und begegnet diesem Gott . Nicht als Geisterscheinung sondern als ein Gefühl, dass ich als Ruhe und Vertrauen beschreiben will.

Und dann wusste ich, es gibt Gott und er ist jetzt ein Teil meines Bewusstseins.

Warum sage ich das, weil ich mit diesem “Rückhalt” ganz anders über den Geist und die Ideen zu denken beginne, als sie das können.

Bitte um Entschuldigung, dass ich mich in Ihr Gespräch mit Herrn Holzherr einmische, Ihr Kommentar hat mich jetzt aber berührt: ich kann nachfühlen, was Sie schreiben:

Als ich 1982 aus der sozialistischen Tschechoslowakei nach Westdeutschland geflüchtet war, hatte ich ein starkes Bedürfnis zu “glauben”. Das ist mir nicht gelungen, ich habe damals aber angefangen, exzessive Konzentrationsübungen zu machen (Zazen, Tai chi) und jeden Tag komplexe Bewegungen zu trainieren, bei denen ich merkte, dass sie direkten Einfluss auf meine mentalen Zustände hatten (Kung Fu, Jonglieren) und praktiziere das bis jetzt.

Komischerweise hatte ich diesen positiven Einfluss der komplexen Bewegungen auf unser Gehirn und unseren Geist lange vor der modernen Hirnforschung entdeckt (adulte Neurogenese usw.), umso mehr erfreue ich mich an diesen Übungen. ?

Diese Sachen haben mir wohl geholfen, meinen Sinn des Lebens zu finden: die Menschen um mich herum – meine Familie, meine Freunde und die Menschen, denen ich täglich begegne, Natur, Bewegung, Meditation, das Denken, das Lachen und all die Geschichten um mich herum, die ich erleben und aufschreiben kann: Nicht viel mehr, aber auch nichts weniger.

Es gibt so viel, dass einen zum Staunen bringt! Schauen, staunen und sich freuen – ist das nicht genug?

Ich brauche keinen Gott mehr, obwohl ich mich in jeder Stadt, in die ich komme, für ein paar Minuten in die älteste Kirche der Stadt setze. Wohl eine Fixierung auf meine Kindheit, als meine Oma mich immer in die Kirche mitnahm. Ich schlief auf ihrem Schoss – geborgen. ?

Selbstverständlich muss aber jeder das für sich finden, was einem etwas bringt und gut tut.

Ich gebe auch zu: Wenn ich auf all die Substanzen nicht ganz verzichtet hätte, die mein dopaminerges Motivations- und Belohnungssystem verrückt spielen lassen, hätte ich zu mir nicht gefunden. Zum Beispiel kein Bier mehr – und das als Tscheche. ?

Jaromir Konecny Sie haben Recht, Glauben ist etwas sehr Privates. Woran man glaubt, das ist auch privat. Es muss auch nicht der Gott der Christen sein. Gott ist Gott <strong< aller Menschen Also was ich zum Ausdruck bringen will. Für einen wissenschaftlichen Beitrag kann ich nichts hinzufügen. Nur soviel, dass unser Denken und Selbstbewußtsein mehr ist als man logisch begründen kann, dessen muss man sich bei aller Wissenschaftlichkeit bewußt bleiben. Kein Mensch kennt die Zukunft. Zum tschechischen Bier, das ist eines der Besten der Welt. Trinken Sie doch einfach weniger. Ich habe mir angewöhnt vor dem Mittagessen ein Gläschen Sekt zu trinken, genau genommen 50 ml ,mehr braucht man nicht zum Glücklichsein. Und vergessen Sie ihre Heimat nicht, meine Eltern kommen auch aus Tschechien, und meine Mutter hat ein wenig tschechisch gesprochen. Also, wenn wir nach Prag oder Pilsen kommen, dann sind wir nicht im Ausland. Die Kirchen in Tschechien sind allerdings in einem beklagenswerten Zustand, aber echt !

Mir geht es in den Jahren ohne Alkohol großartig. Da fehlt mir nichts. Ich habe irgendwann gemerkt, dass auch kleine Biermengen mein Denken behinderten, und so habe ich’s sein lassen. Wenn man’s braucht, soll man sich’s genehmigen. Ich brauche es nicht. Ich mag das klare Denken. ?

Ich habe Familie in Tschechien und viele Freunde, deswegen bin ich dort sehr oft. Ich liebe außerdem meine Geburtsstadt Prag, auch wenn ich in Mähren aufgewachsen bin. Durch die Zerstörung im 2. Weltkrieg haben viele große deutsche Städte die mittelalterliche Bausubstanz verloren. Prag hat aber noch diese Magie der Geschichte. Vor allem wenn man durch die Stadt nachts bummelt.

In Prag gibt es immer noch grandiose Kirchen, nur voller Touristen. Ich bin aber in Deutschland von Auftritt zu Auftritt unterwegs, mit etwa 140 Auftritten im Jahr, deswegen besuche ich eher deutsche Kirchen – auch wenn ich nicht gläubig bin, wie gesagt.

Jaromir Konecny wenn Sie sich für Kirchen interessieren, mein Hobby ist Kirchen zu fotografieren. Von Prag habe ich natürlich den Dom . Das ist meine Internetseite : http://www.kleinekirchen.de

Schöner Beitrag, der vergleichsweise neue Begriff ‚Konnektom‘ war mir bislang nicht untergekommen. Ich frage mich, ob er wirklich für mehr Klarheit sorgt, wenn über Hirnfunktionen gesprochen wird.

Doch zunächst eine Frage hierzu:

Nur redet der Titel „Kein Neuron ist eine Insel“ etwas klein, woraus das Gehirn am Anfang der Evolution entstanden war: aus einzelnen autonomen und funktionellen Zellen, die sich zu einem komplexeren System zusammenschlossen hatten, das neue emergente Eigenschaften zeigte.

. Mir geht es um das Wörtchen ‚emergent‘: Was unterscheidet in dem gegebenen Kontext „neue Eigenschaften“ von „neuen emergenten Eigenschaften“? Dass ein komplettes Organ andere (neue?) Eigenschaften besitzt als die Zellen, aus denen es besteht, ist nicht sonderlich überraschend. Welche Besonderheit soll also das Attribut ‚emergent‘ im Zusammenhang mit Systemeigenschaften bezeichnen?

Zurück zum Konnektom. Im Kommentar von gestern Morgen (08:58) schreiben Sie:

»Es bleibt selbstverständlich noch die Frage: Was definiert mein „Ich“ zu einem größeren Teil: Das Konnektom oder die Gehirnaktivitäten darin, also die Feuerkonzerte der Neurone und ihrer Verbände. Ich glaube, eher das zweite.«

Es wird also unterschieden zwischen der reinen Architektur und den physiologischen Prozessen, die an den verknüpften Nervenzellen ablaufen.

An sich kann man die Struktur von der Funktion ja nicht trennen. Die neuronalen Verknüpfungen ergeben bloß Sinn, wenn an ihnen Aktivität stattfindet. Ansonsten haben wir es mit einem toten Gebilde zu tun. In einem toten Gehirn ist das Konnektom noch vollständig erhalten, aber die Person, das Subjekt oder Ich, ist verschwunden.

Das ist aber nicht der Punkt bei der Frage, was mein „Ich“ zuvörderst definiert. Ich denke, was die eine Person von der anderen unterscheidet hinsichtlich Charakter, Persönlichkeit und Begabungen, ist das sogenannte Konnektom, nicht die daran ablaufende Neurophysiologie. Letztere definiert vor allem die aktuell stattfindenden Wahrnehmungen und Aktionen.

Danke für den Zuspruch und auch für den wichtigen Hinweis zu “emergente Eigenschaften”. Ich habe hier “emergent” im Sinne der “Fulguration” gemeint: “Das plötzliche Entstehen neuer Eigenschaften in einem komplexen System, die nicht aus den Eigenschaften der einzelnen Elemente des Systems vorhergesagt werden können”:

https://de.wikipedia.org/wiki/Fulguration

Komischerweise hatte ich dafür früher tatsächlich “Fulguration” verwendet, ich bin ja ursprünglich Evolutionstheoretiker. Nach Wikipedia hat Konrad Lorenz den Begriff Fulguration geprägt und “den Begriff Emergenz kritisiert, da seine deutsche Bedeutung („Auftauchen“) suggeriere, etwas bereits Existentes, lediglich bislang Verborgenes, komme zum Vorschein.”

In englischsprachigen Artikeln wird aber eher Emergenz verwendet, so habe ich mich wohl davon “versklaven” lassen. ?

Ich denke, dass die Gehirnaktivitäten und die Aktivitäten unseres ganzen Körpers und seine Wechselwirkung mit der Umwelt mindestens genauso viel zu unserem “Ich” beitragen als das Konnektom, und dafür versuchte ich oben in meinem Blogbeitrag zu argumentieren. Das “Embodiment” zum Beispiel spielt auch in der Bewusstseinsforschung eine immer größere Rolle, mache Hirnforscher denken, ohne den ganzen Körper gebe es kein Bewusstsein:

https://spektrum.de/magazin/was-embodiment-fuer-die-entstehung-des-bewusstseins-bedeutet/1564728

Trotzdem gebe ich Ihnen aber recht: Beides gehört zusammen: die Struktur und die Funktionen darin:

Ich will auf die ganzen Argumente in meinem Text nicht eingehen, genauso aber, wie man mit unterschiedlichen künstlichen neuronalen Netzen eine gleiche Aufgabe bewältigen kann, kann ich mir vorstellen, dass sich mein Konnektom viel stärker ändern kann, als mein “Ich”. Zum Beispiel werden Aufgaben von bestimmten Gehirnteilen, die verletzt werden, von anderen Gehirnteilen übernommen, ohne dass mein “Ich” sich massiv geändert hat. Außerdem verlaufen in meinen Hirnzellen aufgrund ihrer genetischen Ausstattung, der im Leben angesammelten Erfahrung und meiner ständigen Wechselwirkung mit der Umwelt, andere biochemische Vorgänge als in den Hirnzellen anderer Menschen, deswegen glaube ich, wenn man in meinem Konnektom alle Gehirnzellen durch die Gehirnzellen eines anderen Menschen austauschen würde, wäre ich’s nicht mehr. Oh, habe ich jetzt ein neues Gedankenexperiment entwickelt? ?

Andererseits verursachen manchmal kleine Verletzungen, z. B. im Hippocampus massive Schäden. Eigentlich sollte aus meinem Artikel hervorgehen: Wenn man nur mein Hirn in eine Lake legt, um sein Konnektom zu erhalten und somit mein “Ich” damit irgendwann im Computer emulieren kann, klappt es nicht.

Zitat:“Mir geht es um das Wörtchen ‚emergent‘: Was unterscheidet in dem gegebenen Kontext „neue Eigenschaften“ von „neuen emergenten Eigenschaften“?“

Beispiel Fernseher: Ein Schwarz/weiß- als auch ein Farbbild (oder Video) zusammengesetzt aus vielen Bildpunkten beruht sozusagen auf den „Emergenzeffekt“. Irgendwann war dieser eigentlich recht anschauliche Effekt neu. Beim Farbfernsehen waren die farbigen Pixel (und die besondere Übertragungstechnik) neu, das Bild entstand durch den altbekannten Emergenzeffekt.

Beim Gehirn entsprechen die Neuronen den Bildpunkten (winzige Haufen chemischer Stoffe die einzeln elektrisch zum Leuchten gebracht werden können). Neuronen haben die allgemein bekannten Eigenschaften, sie geben z.B. einen elektrischen Impuls (Spike) ab, wenn ausreichend viele Eingangsimpulse das Triggern des Neuron bewirken. Beim z.B. gleichzeitigen „emergenten Zusammenwirken“ vieler Neuronen an bestimmten Stellen, bilden sie einerseits Information ab (wie z.B. Buchstaben am Papier einen Text). Andererseits entsteht, offenbar an elektrisch chemischen Schnittstellen, auch wegen der Emergenz, ein tatsächliches neues Phänomen, das Empfindungsphänomen (Qualia).

Dem sollte @ Herr Konecny wegen seiner besonderen Ausbildung näher kommen können. Es geht darum, wie potentiell hoch dynamische chemische Prozesse in organischen Systemen auch von elektrischen Impulsen „angestoßen“ werden, wobei sich letztlich eine Dynamik entwickeln sollte, was die Psychosomatik berührt, oder auch was man Leben nennen könnte…. .

Aus Sicht der „Mechanik“ wäre es interessant, ob sich besonders wirksame „Resonanzeffekte“, auch innerhalb der molekularen Strukturen, entwickeln könnten. Es geht besonders darum, ob dieser Gesichtspunkt (Dynamik und Resonanzen) in der Chemie, so wie z.B. im Maschinenbau („Kurbelwelle“) oder Hochbau („Erdbeben“) überhaupt erforscht ist, oder nur statistisch behandelt wird. Womöglich weil eine „tatsächliche Prozesssteuerung“, anders wie z.B. bei bestimmten Systemen der Elektronik, nicht erforscht ist. Ein über die Realität in elektronischen Systemen nicht informierter Beobachter würde das Geschehen nur statistisch beschreiben können.

Verschiedene Strukturen und Funktionen können aufeinander einwirken, bzw. wechselwirken. Wenn z.B. ein nachrangiger Mitarbeiter (Soldat) einen Auftrag erhält, führt er nicht unbedingt seiner eigenen Struktur entsprechende Funktionen aus. Struktur und und Funktion muss nicht zwingend verbunden sein, kann es aber. Das es so zu sein hat, schreiben nur Materialisten vor. Hardcore Materialisten haben früher Programmierern abgesprochen, dass sie technische Software getrennt von der jeweiligen Hardware entwickeln. Es war absurd, wenn einem jemand erklärt hat, dass es völlig unmöglich wäre, was man selbst alltägliche am Arbeitsplatz macht, die Produktion von Software völlig getrennt von der Hardware und auf einem völlig anderen Computer.

Das (eher statische) Konektom allein, dürfte nicht das „Ich“ bestimmen. Das „Ich Gefühl“ dürfte auch von externen Zuständen (Drogen, Wetter, Laune …) abhängen und eine „Dynamik“ benötigen. Es dürfte auch, abgesehen vom extrem komplexen Konektom, jedenfalls von der ebenfalls extrem komplexen Kombination der Schaltaktivitäten der Neuronen und der die Empfindungen realisierenden chemischen Prozesse abhängen. Wegen dieser „Variablen“ unterscheiden sich die Menschen. Auch das Konektom ist variabel, ändert sich ständig und „zerfällt“ nach dem Tod.

»Auch das Konektom ist variabel, ändert sich ständig und „zerfällt“ nach dem Tod.«

Die Änderungen des Konnektom erfordern zum Teil unendlich mehr Zeit als die Änderungen in der elektrischen Aktivität. Der Zerfall des Hirns/Konnektoms nach dem Tode lässt sich verhindern, etwa durch Fixieren oder Einfrieren. Mit dem „Ich“ funktioniert das glücklicherweise nicht. So gesehen hat Jaromir Konecny Recht, das „Ich“ existiert nur, solange das Hirn elektrisch aktiv ist. Aber welche Art von „Ich“ existiert, welche Persönlichkeit, das wird, meine ich, vor allem durch das Konnektom definiert.

Was die Verbindung von Struktur und Funktion betrifft, da sollten wir schon bei biologischen Systemen, bei der biologischen „Hardware“ bleiben: Zum Denken eignet sich das Gehirn nun mal deutlich besser als z. B. ein Organ im unteren Körperbereich.

Wenn man aus dem tiefen Schlaf erwacht, dann startet das Bewusstsein unter Verwendung der Langzeit-Erinnerung. Die Langzeit-Erinnerung sitzt vermutlich in den synaptischen Übertragungs-Faktoren, und in den Dendriten und Axonen. Dieses “Wer bin ich” und “Wo bin ich” könnte das Konnektom sein. Auf dieser Basis laufen dann die Nerven-Signale des Bewusstseins ab. Natürlich kann dann das Bewusstsein die Langzeit-Erinnerung auch aktualisieren.

@Bednarik Beim lebendigen Menschen laufen ständig Aktivierungswellen wie eine LaOla-welle über Gehirnareale (Cortex), die diese verbinden und die aber auch Reaktionen bewirken. Bewusstsein entsteht nur dann, wenn unterschiedliche Areale dabei verbunden sind und eine bestimmte Aktivitätsschwelle überschritten wird.

Wird diese Aktivitätsschwelle nicht überschritten, spricht man von ´unbewusst´.

Experimente mit Narkosemitteln haben gezeigt, dass bei deren Verwendung die einzelnen Gehirnareale zwar aktiv sind – aber ihre Vernetzung unterbunden wurde.

Damit ist auch geklärt, dass menschliche Intelligenz der Anfang aller künstlichen Intelligenz ist! ?

Interessanter Beitrag, aber mich wundert es, dass die entscheidende Frage für jede Modellierbarkeit in heute existierenden physikalisch klassischen Computern, nämlich ob unser Gehirn wirklich klassich modellierbar ist, nicht gestellt wird. Denn wie immer scheinen Neurowissenschaftler nicht verstanden zu haben “The world is not classical, dammit!! (Richard Feynman)

Meiner Ansicht nach ist Prof. Roger Penrose nicht “irgendein” verrückter Physiker, der über Gehirn und Bewusstsein reflektiert, sondern einer der großen Denker unserer Zeit. Seine Argumentation (The emperors new Mind), die eine nicht Berechenbarkeit unsere Gehirnaktivität ist aktuleller denn je zuvor. Wir wissen heute, dass quantenmechanische Überlagerungszustände in useren biologischen Systemen eine zentrale Rolle spielen und entscheidende Prozesse, wie die Photosynthese, von Effekten der Quantenmechanik beeinflusst sind.

Die von Roger Penrose und Stuart Hammeroff vorgestellte Orch-OR Theorie wurde heftig angegriffen. Bisher haben aber alle Versuche der Falsifizierung gezeigt, dass Penrose und Hammeroffs Theorie sehr solide ist. Es ist für mich seltsam zu beobachten, wie Theorien der “Singularität”, die ich für völlig wissenschaftsferne science Fiction halte, ein großes Echo erfahren, aber die Orch-OR Theorie als “Esoterik” diffamiert wurde, obwohl ich sie für wesentlich wissenschaftlich stringenter halte als alles was Moravek oder Kurzweil veröffentlicht haben.

Ich denke, dass mit der Forschung von Anirban Bandyopadhyay (2), der die Anregung von Quantenresonanzzuständen in Microtululae (Feinstruktur in Neuronen) nachweisen konnte, die Orch OR Theorie von Penrose und Hammeroff auf dem Weg ist die wichtigste Theorie über unser Gehirn zu werden.

Eine kleine kulturtheorethische/wissenschaftstheoretische Diskursanalyse meinerseits dazu wäre, das die Diskussion um den “freien willen”, bzw. mechanistische und dynamische interpretationen unseres Universums, etwas mit Machtstrukturen zu tun haben. Historische gesehen waren Theorien des freien Willens den Mächtigen immer unsympathisch. Unsere herrschende Ideologie ist stark von mechanistischen Einflüssen geprägt.

Die Orch-OR begräbt nicht nur die Methoden und Theorien der Neurowissenschaftler und der KI Informatiker, sondern untergräbt auch fundamentale Ansichten auf die unsere heutige Lebensweise beruht. Penrose Theorie von Bewusstsein als fundamentale Eigenschaft unseres Unversums macht uns darauf aufemrskam, dass wir alle mit einander und unserem Universum auf fundamentaler Weise verknüpft sind, und nicht atomar vereinzelten individuen, wie unsere bisherige Wissenschaft uns glauben machen wollte. Möglicherweise transzendiert die Frage “wer bin ich” die untersuchung eines einzelnen Gehirns. Die Frage, “Wer bin ich”, kann vielleicht nur beantwortet werden wenn wir verstehen, dass “ich” immer ein Teil aller andern und des Universums bin und alle anderen und das Universum auch ein Teil von mir sind.

(1) Consciousness in the universe: A review of the ‘Orch OR’ theory https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S1571064513001188

(2) Confirmation of Quantum Resonance in Brain Microtubules https://resonance.is/confirmation-quantum-resonance-brain-microtubules/

Danke! Ich halte Roger Penrose nicht für “irgendeinen verrückten Physiker” :-), sondern für einen großen Denker.Trotzdem halte ich es eher mit den meisten Hirnforschern wie Gerhard Roth, die keinen ausgeprägten Einfluss von Quanteneffekten auf die Arbeit unseres Gehirns und auf unser Verhalten sehen. Als ursprünglich Chemiker weiß ich selbstverständlich, dass Quanten der Urgrund von allem sind, nur verlaufen trotzdem chemische und biochemische Reaktionen und Prozesse deterministisch: Man bringt einige Substanzen zusammen, und es entstehen andere Substanzen daraus, und das immer die gleichen – unter den gleichen chemischen und physikalischen Bedingungen.

Warum sollte es in unserem Gehirn anders sein, zumal wir mittlerweile sehr viel über die biochemischen Reaktionen im Gehirn wissen: warum sie ablaufen und welche Aufgaben die so neu entstandenen Substanzen im Gehirn erfüllen. Wie Gerhard Roth sagt, gebe es bislang keinen überzeugenden Hinweis dafür, dass es im menschlichen Gehirn zumindest auf der für die Verhaltenssteuerung relevanten Ebene nicht kausal-determiniert zugehe. R. Penrose hat ja selbst zugegeben, dass er sich mit Zellen und zellulären Vorgängen nicht auskenne.

Ich habe auf meinen Blog eine dreiteilige Einführung/Betrachtung zu Orch-OR verfasst (auf englisch). Penrose Argumentation die Quantenmechanische und Relativitätstherotische Ansätze vereint ist, gelinde gesagt, schwer zugänglich. Ich hoffe mit meinen Artikeln diesen Zugang für nicht Physiker zu vereinfachen (und dem ganzen Thema eine Kulturtheorethische Perspektive zu geben): https://derblickausderferne.blogspot.com/2016/07/the-politics-of-quantum-mechanics-or.html

@Weger irgendwelche quantenmechanischen Zustände spielen immer und überall im Universum eine Rolle. Dies ist dadurch bedingt wie unser Universum entstanden ist.

Fulguration und Emergenz: Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile. Das Ganze minus der Summe seiner Teile ist die Information über die Anordnung und die Wechselwirkungen dieser Teile.

@KRichard Um so verwunderlicher, dass diese fundamentale Wahrheit über unser Universum von so vielen völlig ignoriert wird. Wenn man sich das “human brain project” anschaut, dann werden da von der EU 8 Milliarden Euro in ein Forschungsprojekt gepumpt, dass darauf beruht, dass das menschliche Gehirn “klassisch” physikalisch funktioniert. Die gesamte KI-Gemeinde ignoriert neueste Forchung zum Thema quantenmechanik und Gehirn. Das Gehirn laut den Jüngern Kurzweils ist: “A machine made of flesh”.

Aber, darüber hinaus geht es Roger Penrose um etwas anderes, Zitat: “In my own view, the non-existence of linearly superposed cricket balls actually is contrary evidence!… We know that at the sub-microscopic level of things the quantum laws do hold sway; but at the level of cricket balls, it is classical physics. Somewhere in between, I would maintain, we need to understand the new law, in order to see how the quantum world merges with the classical. I believe, also, that we shall need this new law if we are ever to understand minds! For all this we must, I believe, look for new clues.”.

Das Problem das Penrose anspricht ist bekannt als “Schrödingers Katze” und betrifft eine Unvollständigkeit der Quantenmechanik. Es fehlt ein Gesetz, das beschreibt warum wir keine Wellenfunktion von Katzen beobachten. Es ist dieses fehlende “Gesetz” der Physik, dass uns bisher verschlossen blieb, dass die “Quantenwelt” und die “klassische Welt” überbrückt. Diese Lücke schliesst Penrose und Hammereoffs Orch-OR Theorie in dem sie “Bewusstsein” als fundamentale größe unseres Unversums postulieren. Das hört sich esoterischer an als es ist.

Bewusstsein beschreibt hier ein Phänomen, dass die Reduktion von Wellenfunktionen bewirkt. Das Bewusstsein ist der universelle “Beobachter” der die Reduktion der Wellenfunktion in unserem Universum unumkehrbar registiriert. Es “entschiedet” moment zu moment aus einer Fülle von möglichen zukünftigen Unversen eines das sich im Kollaps der Wahsrscheinlichkeiten manifestiert und ist deshalb der zentrale Punkt an dem “freier Wille” ansetzen muss.

Freier Wille ist nichts anderes als auf diesen Übergang des möglichen auf das manifeste BEWUSST Einfluß zu nehmen. Er ist daher nicht rein “Zufällig” und nicht “Berechenbar” sondern “nicht Berechenbar”. Die Zukunft ist sowohl Produkt bewusster Entscheidungen von lebenden Wesen als auch zufälliger Prozesse aber niemals deterministisch sondern immer chaotisch. Das Gehirn muss daher, wie Penrose es beschreibt, einen Mechanismus vorweisen der diesen Eingriff in das zukünftig manifeste Ermöglicht. Hammeroff sieht diesen Mechanismus in den Miocrotubulae, den Feinstrukturen unserer Neuronen, die sehr ähnlich funktionieren wie ein Quantencomputer.

Falls das stimmt erhöht sich nicht nur die Rechenleistung unseres Gehirns um ein vielfaches, es wird eben zu einem nicht klassich modellierbaren System.

Nachtrag: Ja, damit behauptet Penrose, dass die IIT Theorie von Tononi und ander Theorien die Bewusstsein als emergentes Phänomen postulieren völlig falsch sind. Ich denke er hat damit recht. Während die Argumente für Penrose Theorien von Jahr zu Jahr mehr werden gibt es bisher keinen Einzigen Hinweis der emergente Theorien unterstützt. Das zentraler Argument der Emergenz ist letztendlich “something magical happens” und Bewusstsein entsteht. Ich sehe da nicht viel Überzeugungskraft drin.

@Weger Sie haben mich falsch verstanden – ich betrachte solche ´quantenphysikalischen´ Modelle als nichtssagenden Unsinn.

Solange quantenphysikalische Eigenschaften unbeeinflusst bleiben – sind sie nicht definierbar/unbestimmbar (dann gibt es auch kein Denken und kein Bewusstsein). Wenn man aber einen solchen Zustand beeinflusst – dann verändert man ihn. Ob man einen solchen Zustand durch eine Messung beeinflusst oder wenn er die biologische Grundlage von Denken/Bewusstsein bildet ist dabei egal.

Denken/Bewusstsein hat konkrete Grundlagen – ein biologisch aktives neuronales Netzwerk im Gehirn lebendiger Menschen/Tiere. Wer Denken/Bewusstsein verstehen will, muss versuchen zu verstehen, wie Gehirne arbeiten. Und das Ganze muss nach wissenschaftlichen Standards auch noch nachprüfbar und nachvollziehbar sein.

Irgendwelchen esoterischen Quark über nicht nachvollziehbare quantenphysikalische Grundlagen zu verbreiten, ist nicht sinnvoll. Wer solche Ideen verbreitet, sollte auch nachvollziehbare Belege vorlegen (z.B. Formeln, Messwerte), damit das Ganze nachprüfbar wird.

Ich habe so meine Problem mit Emergenz. Wasser wird ja gerne als Beispiel genannt.

Bei Wasser z.B. kann man aber durchaus enige (alle?) der angebliche emergenten Eigenschaften durch die Eigenschaften der einzelnen Wassermoleküle erklären. (Wasserstoffbrücken etc.)

Sicher wäre vermutlich kein Chemiker/Physiker anhand der bekannten Eigenschaften eines Wassermoleküls dazu in der Lage eine entprechende Vorhersage zu machen … allerdings ist das vielleicht eher ein Zeichen unserer Beschränktheit oder fehlender Werkzeuge als eine prinzipielle Eigenschaft von “Emergenz”. Man könnte Emergenz also ggf. einfach als Wechselwirkungen bezeichnen. Und die sind ggf. halt für uns zu komplex für Vorhersagen o.ä., aber nichts anderes als andere Physik.

@Sishi: “Ich habe so meine Probleme mit Emergenz. Wasser wird ja gerne als Beispiel genannt. …”

Um Konrad Lorenz recht zu geben, verwende ich jetzt statt “Emergenz” den Begriff der “Fulguration” dafür, wenn aus Einzelteilen ein System entsteht, das ganz neue Eigenschaften zeigt, die aus den Eigenschaften der Einzelteile nicht vorhergesagt werden können. Teils haben Sie wohl recht, dass sich jedes System mit solchen ganz neuen Eigenschaften irgendwann als doch vorhersehbar und berechenbar erweisen kann – nach neuen wissenschaftlichen bzw. mathematischen Erkenntnissen. Mit unserem heutigen Wissen kann ich wohl aber auch die Eigenschaft eines künstlichen neuronalen Netzes als “fulgurativ” bezeichnen, nach einem Training generalisieren (verallgemeinern) zu können. Das dieses Netz das irgendwann kann, vermag jetzt niemand aus der Struktur des Netzes vorhersagen. Deswegen spricht man da ja von einer Blackbox. Ich bin aber wohl wie oben angeführt eher Ihrer Meinung – vieles, was heute als “emergent” bezeichnet wird, kann sich irgendwann als berechenbar erweisen. Bis es so weit ist, können wir aber den Begriff weiter verwenden, oder? ?

Bei Penrose sehe ich einige Problem. Einmal könnte es natürlich sein, dass in den Mikrotubuli Quanteneffekte vorhanden sind, allerdings müßen diese deswegen noch lange keinen Einfluß auf das Bewusstsein haben. Ferner beschreibt Penrose keine überprüfbaren Fakten, die sich aus seiner Hyptothese ergeben.

@Sishi: “Ferner beschreibt Penrose keine überprüfbaren Fakten, die sich aus seiner Hyptothese ergeben.”

https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3470100/ Stuart Hameroff

Durch eine angebliche Zeitreise der Quanten in den Mikrotubuli, will Hameroffden freien Willen retten. Versuche von Libet und anderen zeitgen bereites, dass vieles was uns als bewusste Entscheidung erscheint, in Wirklichkeit schon voher also unbewusst entschieden wurde. Durch die Zeitreise durch Quanten in einzelnen Mikrotubuli will Hameroff zeigen, dass diese Entscheidungen doch bewusst waren und quasi zu dem Zeitpunkt der bewussten Entscheidung “zurückgeschickt” wurden.

Sorry aber das wirkt arg schräg. Das “gesamte Bewusstsein” steckt sicher nicht in wenigen Quanten in einem Mikrotubuli, aber wie sich die vielen (beteiligten) Mikrotubuli im Gehirn synchronisieren sollen, um Entscheidungen die deutlich über “einen Quant” hinausgehen fällen zu können und diese dann gemeinsame auf Zeitreise schicken, damit wir unbewusst die bewusste Entscheidung aus der Zukunft treffen, erklärt er natürlich nicht.

@Weger,(@Sishi): Nachtrag Die Wissenschaft hat bis heute kein nachvollziehbares, verständliches Erklärungsmodell dafür geliefert wie Bewusstsein entsteht, was Bewusstsein überhaupt sein soll bzw. wie Denken funktioniert.

D.h. es fehlen wesentliche Grundlagen!

@KRichard: “Die Wissenschaft hat bis heute kein nachvollziehbares, verständliches Erklärungsmodell dafür geliefert wie Bewusstsein entsteht, was Bewusstsein überhaupt sein soll bzw. wie Denken funktioniert.”

Das stimmt! Zumindest gibt es keine einheitliche Definition des Bewusstseins, an der sich alle Bewusstseinsforscher einigen könnten. ?

@KRichard “Irgendwelchen esoterischen Quark über nicht nachvollziehbare quantenphysikalische Grundlagen zu verbreiten, ist nicht sinnvoll. Wer solche Ideen verbreitet, sollte auch nachvollziehbare Belege vorlegen (z.B. Formeln, Messwerte), damit das Ganze nachprüfbar wird.”

Penrose und Hammeroff haben sowohl die Foreln, als auch falsifizierbare Experimente vorgelegt. Die Messungen von Anirban Bandyopadhyay liegen ebenfalls vor. Was wollen Sie noch?

Es wird mit Orch-OR kein “esoterischen Quark ” verbreitet, sie haben nur offensichtlich keine Ahnung von Physik.

@sishi Ebenfalls leider Ahnungslos. Zeit spielt tatsächlich in der Quantenwelt keine Rolle. Ich empfehle sich mal das Experiment “Delayed choice quantum eraser” anzusehen, da wird vielleicht einiges klarer. https://en.wikipedia.org/wiki/Delayed_choice_quantum_eraser

Grundsätzlich sind es laien in schwätzer die Penrose und Hammerhoff als “Esoterik” abtun. Es gab einige wissenschaftliche Diskurse mit Physikern die letztendlich beigelegt werden konnten.

Zuguterletzt, das Libet experiment hat nichts mit dem hier diskutierten zu tun.

Ich stimme zu, dass wir noch am Anfang einer wissenschaftlichen Erklärung des Bewusstseins stehen. Ich halte allerdings den Ansatz von Penrose Hammeroff für den im Moment überzeugensten auch wenn er in Zukunft entscheidende Änderungen erfährt.

@Martin Weger Ich bin der Orch-OR Theorie zum ersten Mal in einem japanischen Science-Fiction Comic begegnet. Netterweise hatte der Zeichner auch Fußnoten hinzugefügt, die auf Roger Penrose verwiesen haben und so stieß ich dann auf ‘The Emperor’s New Mind’. Habe nur den Anfang gelesen und danach in der Ecke vergessen, aber dank Ihnen möchte ich es erneut aufgreifen. Verglichen mit dem deterministisch maschinellen Ansatz der Kognitivwissenschaften erscheint mir die Theorie wie ein frischer Wind. Habe gerade im Netz auch einen Elsevier review von Penrose und Hammeroff auf, doch muss ich gestehen, dass ich mich außerstande sehe es zu beurteilen. Ich bin studierter Neurobiologe, aber definitiv kein Physiker – und ich fürchte dass auch nicht jeder Physiker imstande ist Quantenmechanik zu begreifen.

PS: Mit Schwätzer meine ich vor allem Leute wie Norman Minsky.

Sebastian Seungs Ansatz zum Verständnis des menschlichen Gehirns leidet unter demselben Problem, dass mir wiederholt bei Vorträgen im IZN (Interdisziplinäres Zentrum für Neurowissenschaften) in Heidelberg begegnet ist: Eine totale Fixierung auf das Neuron.

Ich erinnere mich an eine Menge hochprofilierter Referenten, Koryphäen aus den USA, ein Max-Plank-Instituts-Direktor, ein Neurowissenschaftler aus Oxford… die dort über ihre neuesten Forschungsergebnisse berichtet haben und da war immer dieser eine Medizinstudent im 2. Semester, ein totaler Exot in einem Raum voller Biologen und einigen Physikern mit nicht wenigen Doktoranden, Postdocs und Professoren, der fast jeden dieser Koryphäen mit einer Frage ins stolpern brachte, die strukturell eigentlich immer dieselbe war:

Herr Prof. XY, haben Sie ihren Forschungsansatz eigentlich auch schon an Gliazellen angewendet/im Zusammenhang von Gliazellen betrachtet? Und jedes Mal dieselbe Reaktion: Eine zerknirschte, verlegene Pause und dann eine Antwort nach dem Motto ‘das klingt nach einem sehr interessanten Ansatz, aber leider haben wir ihn so nicht betrachtet’.

Die Gliazellen, wobei es sich übrigens um einen übergeordneten Begriff handelt, der Gehirnzellen verschiedener Funktionalität und Morphologie zusammenfasst, werden im Vergleich zu der ‘Königsdiziplin’ der Neurone überaus stiefmütterlich von den Neurowissenschaftlern behandelt. Auch in dem oben erwähnten Milliardenschweren Human Brain Project habe ich kein Wort darüber gefunden, dass Gliazellen in die Simulation miteinbezogen werden sollen.

Lange Zeit hat man Gliazellen lediglich als ‘Kitt’ oder ‘Füllmaterial’ gesehen. Oligodendriten sind dafür da, um die Myelinscheiden zu synthetisiseren, die für die saltatorische Signalleitung bei Neuronen entscheidend sind. Astrozyten sind das lokale Immunsystem des Gehirns und sonst ist da nicht viel Interessantes zu beobachten. In den letzten Jahrzehnt oder vielleicht auch etwas länger häufen sich jedoch die Indizien, dass Gliazellen und ganz besonders die Astrozyten auch direkt an der elektrischen Signalleitung der Neuronen beteiligt sind. Da ist einmal die Tatsache, dass sich in Astrozyten Glutamat-Vesikel befinden, oder dass Gliazellen mit den Kaliumhaushalt im Gehirn regulieren, sprich sie haben Einfluss auf das Ruhe-und Schwellenpotential der Neurone. Gliazellen besitzen wie die Neurone gap junctions die direkte elektrische Zell-Zell Signalleitung ermöglichen und der für mich größte Kracher: Astrozyten spielen eine zentrale Rolle bei der Blutflußregulierung im Gehirn.

Zur Erinnerung: das fMRI, dass die tollen leuchtenden Gehirnbilder produziert, einer der Hauptverursacher des Neuro-Hype ist und meiner Meinung nach viele Wissenschaftler zu viel zu gewagten Aussagen bezüglich Gehirn und Geist hinreißt, misst nichts anderes als den Blutfluss im Gehirn. All das Schwafeln über neuronale Aktivität in fMRI Bildern während all der Jahre und dabei hat man sich die ganze Zeit Astrozytenaktivität angeschaut.

@Xiaolei Mu: “Sebastian Seungs Ansatz zum Verständnis des menschlichen Gehirns leidet unter demselben Problem, dass mir wiederholt bei Vorträgen im IZN (Interdisziplinäres Zentrum für Neurowissenschaften) in Heidelberg begegnet ist: Eine totale Fixierung auf das Neuron.”

Danke für die Anmerkung zu den Gliazellen. Es gibt immer mehr wissenschaftliche Artikel, die ihre Funktion erklären. Sie haben recht, dass diese Forschung früher vernachlässigt wurde, irgendwo muss man aber anfangen. ? Auch aufgrund der beobachteten Verletzungen des Hippocampus, ist ja der Hippocampus jetzt einer der best erforschten Gehirnteile.

Etwas muss ich jetzt aber Sebastian Seung in Schutz nehmen: Ich sage und schreibe auch oft das Neuron, auch wenn’s im Gehirn wohl etwa so viele Gliazellen wie Neurone gibt. Am Gemütlichsten wäre’s, wenn man Gliazellen als “Neurone”, also einfach eine Gehirnzelle, betrachten könnte. ? Es gibt ja auch nicht nur “das Neuron”, sondern verschiedene Arten davon.

Das Konnektom wird aber oft als die Gesamtheit aller Verbindungen im Gehirn definiert, samt der Verbindungsknoten dazu, in diesem Sinne müsste man auch die Gliazellen dazu rechnen. Wie Herr Hoppe anmerkt, wäre die beste Definition für das Konnektom “die Gesamtheit aller neuronalen Verbindungen in unserem Körper”, dann hätte ich mich nicht über unser Darmhirn-“Ich” in meinem Blogtext oben lustig machen müssen. ? Andererseits ist es, glaube ich, nicht das, was die Konnektomiker haben wollen.

Wenn man nach einer tiefen medizinischen Hypothermie wieder erwacht, dann kommt die Information, wer man ist, aus dem Konnektom. Der Energieverbrauch und die Nervensignale sind während einer tiefen medizinischen Hypothermie auf ein Minimum verringert.

@Karl Bednarik: Wenn man nach einer tiefen medizinischen Hypothermie wieder erwacht, dann kommt die Information, wer man ist, aus dem Konnektom.

Danke! Ich weiß nicht, was bei einer Hypothermie im Gehirn genau passiert, vermute aber, dass auch bei einer tiefen Hypothermie das Gehirn irgendwie versorgt werden muss. Wenn man aber nach einer Hypothermie erwacht, geht es auch sofort mit der Gehirnaktivität los, die Zellen feuern nun mal so, wie sie vorher gefeuert haben. Wo die “Information” herkommt, weiß man dann eher nicht.

Ich wiege über 100 kg. Wie viel wiegt mein Konnektom?

Ich schlafe ein und erlebe nichts mehr. Mein Konnektom hält. Ich werde operiert und narkotisiert. Mein Konnektom hält. Ich sterbe und es wird zappenduster. Mein Konnektom hält (wenigstens ein paar Sekunden noch).

Ich als mein derzeitiger psychischer Zustand: Mein Nervensystem erlebt seinen eigenen Zustand (in Ausschnitten). Warum auf diese Weise? – Warum nicht?

Natürlich meint “Gehirn”: das gesamte Nervensystem (einschl. peripherer Einflüsse, z.B. von Hirnnerven wie dem Vagus oder von Hormonen oder anderen Signalstoffen, z.B. aus dem Darm), und natürlich meint “Neuron”: die neuronale Aktivität einschließlich ihrer Modulation durch Gliazellen. (Schon die Myelinscheiden um die Axone herum sind ja Gliazellen.)

Das Ich, Bewusstsein, Geist usw. – das sind biologische Funktionen, die in besonderer und spezifischer Weise an das Hirnorgan gekoppelt sind (ja, auch das Herz reagiert auf Stress….). Das pseudophilosophische Kleinklein ändert doch nichts an der Grundeinsicht, die hinreichend klar ist und – natürlich jargonartig – auf Slogans wie “Ich bin mein Gehirn” oder “Ich bin mein Konnektom” heruntergebrochen werden kann. Es ist einfach so: das Dass meines Erlebens und das Wie meines Erlebens ist vollständig das Resultat von Hirnprozessen.

Gruß von Christian Hoppe aus dem Nachbar-Scilog-Blog HIRN-RISSE!

@Christian Hoppe: “Ich wiege über 100 kg. Wie viel wiegt mein Konnektom?”

ich freue mich sehr über Ihren Besuch hier und dass Sie uns in der Diskussion auf den Boden der naturwissenschaftlichen Tatsachen wieder bringen. ? Sie haben selbstverständlich vollkommen recht. Nur macht man tatsächlich diese Unterscheidung Konnektom/Gehirnaktivität (aus den Gehirnzellen), und überlegt, was welchen Einfluss auf das Denken hat, zumal das Konnektom als ein extrem komplexes neuronales Netz eine große Rolle in der KI-Forschung spielt. Obwohl ich selbst überzeugt bin, dass mein “Ich” ich ganz bin, also samt meines ganzen Körpers, denke ich schon, dass die Untersuchung des Konnektoms sinnvoll ist:

1943 haben Walter Pitts und Warren McCulloch das Neuron als logisches “Rechenelement” (Schwellwert-Element) dem natürlichen Gehirn abgeguckt. Das war der Ursprung der heutigen künstlichen neuronalen Netze (deep learning neural networks). Und heute fängt man an, mit Hilfe der künstlichen neuronalen Netze die Funktion des Gehirns zu ergründen. Ich finde es sehr spannend zu schauen, inwieweit unser Gehirn eine Überlagerung von wohl Milliarden neuronalen Netze ist und welche Rolle die Mathematik dieser Netze für unser Denken spielt. Solche Netze können auch im Computer rechnen und lernen, dass ist hinreichend bewiesen, durch sie werden elektrische Signale geleitet, sicher erfüllen sie auch im Hirn ihre Aufgaben. Wir haben hier eine Überlagerung von Unmengen unterschiedlicher Prozesse, die uns zusammen ausmachen. Ich freue mich auf jede neue Erkenntnis in dieser Richtung und denke, da wird auf uns noch Einiges zukommen.

In diesem Sinne empfinde ich, auch das “Human Connectome Project” nicht als eine Ressourcen- und Geldverschwendung, so wie es viele renommierte Hirnforscher tun, obwohl ich denke, dass das Konnektom nur eine Seite der Münze ist. Jede Erkenntnis bringt uns weiter. Ich muss aber auch zugeben, dass es mir lieber wäre, über das, was man beobachten kann zu spekulieren, und über das, was bei experimentellen Untersuchungen herauskommt, als über nicht Vorhandenes.

@Martin Weger die Erwähnung des Libet stammt nicht von mir, sondern aus dem Text von Hameroff Ich habe auch nicht behauptet, die Quanten”zeitreise” wäre absurd, sondern das alle nötigen Quanten in verschiedenen Microtubuli synchronisiert eine solche “Zeitreise” zum exakt richtigen Zeitpunk initieren könnten. Es geht vor allem aber nicht um Fasifizierbarkeit dieses Effects, sondern darum, dass er nachprüfbar Auswirkungen auf die Reaktionen des Gehirns hat. Textverständnis ist nicht ihre stärke, oder?

Es ist die Frage was die Hirnforschung erforschen möchte?

Ist es im Zusammenhang mit dem Bewusstsein der „Denkprozess“, die Wissensabbildung und die Informationsverarbeitung im neuronalen System, oder die Frage wie es zu „Empfindungen“ wie z.B. Lust und Schmerz kommt? Oder ob womöglich paranormale Phänomene erklärt werden sollten?

Die Informationsverarbeitung an sich kann erklärt werden ohne grundsätzliche Gegebenheiten, z.B. der Quantenphysik, im Detail verstehen zu müssen, man baut einfach auf reale möglichst stabile Sachverhalte auf. In diesem Sinne wurde die Entstehung von Wissen, mit den von E. Kandel erforschten synaptischen Prozessen erklärt. Die vage mit der technischen Informationsverarbeitung vergleichbare Signalverarbeitung in den Neuronenverbänden wurde von W. McCulloch erforscht.

Wie elektrischen Signale auf die chemischen Prozesse und vermutlich noch „tiefer“ auf quantenphysikalische Effekte Einfluss nehmen, dürfte noch zu wenig erforscht sein. Es entstehen nicht nur Empfindungen in einem „Bewusstsein“, sondern auch mitunter krankhafte Veränderungen an den biochemischen Strukturen die dringend erforscht werden sollten.

Und dann gibt es noch die hoch spekulative Frage, ob es nicht womöglich so etwas wie physikalisch erklärbare, ganz grundlegende „Felder“ geben könnte, die z.B. synchronisierend auf „Quantenebene“ einsetzen, womöglich sogar auf das Bewusstsein einwirken könnten.

Wenn die Fragestellung nicht „sauber strukturiert“ erfolgt, bekommt man auch keine sinnvollen Antworten.

@Konecny: Hypothermie ist ein Verfahren, bei dem man die Körpertemperatur erniedrigt um die chemische Reaktionsgeschwindigkeit im Körper zu verringern. Üblicherweise wird die Temperatur von 37°C auf ca. 33-34°C erniedrigt. (Im Chemieunterricht haben wir die grobe Regel gelernt: eine Erhöhung der Temperatur um 10°C bedeutet eine Verdoppelung der Reaktionsgeschwindigkeit.)

Wenn man durch die Hypothermie die Körpertemperatur herabsetzt, hat dies den Vorteil dass der im Blut vorhandene Sauerstoff deutlich länger reicht – weil die chemischen Reaktionen langsamer verlaufen. Dies ist besonders von Vorteil, wenn die Gefahr besteht dass Nervenzellen des Gehirns durch Sauerstoffmangel zerstört werden können – z.B. wenn Adern durch einen Schlaganfall verstopft sind. (Üblicherweise legt man Kältewesten auf den Körper und gibt Infusionen mit sehr kalter Salzlösung um die Temperatur schnell zu verringern). Damit gewinnt man wertvolle Zeit für Therapien.

Bei einer Hypothermie arbeitet das Gehirn weiter, allerdings mit deutlich verringerter Reaktionsgeschwindigkeit = weniger Sauerstoffbedarf. Ein Bewusstsein – eine bewusste Wahrnehmung – hat man aber nur dann, wenn die Aktivität des Gehirns eine bestimmte Aktivitätsschwelle überschreitet. Dies muss man klar unterscheiden: Unser Gehirn kann unbewusst/unterbewusst arbeiten (z.B. im Schlaf, in Narkose) – aber um eine bewusste Wahrnehmung zu erzeugen müssen verschiedene Gehirnareale vernetzt sein und gleichzeitig eine bestimmte Aktivitätsschwelle überschritten werden

off topic: vor Jahren brachen zwei Jungs in Eis ein und waren ca. 45 Minuten bewusstlos. Beide konnten reanimiert werden – der jüngere (7 Jahre ?) ohne irgendwelche Schäden, der ältere (9 Jahre ?) war leicht körperlich/geistig behindert. Man nimmt an, dass beim jüngeren Kind wegen eines kleineren Schädels die Temperatur im Kopf so schnell gesenkt wurde, dass kein Sauerstoffmangel und somit keine Schädigung auftrat. Beim älteren Kind war der Kopf größer so dass das Abkühlen länger dauerte – wodurch ein Sauerstoffmangel zu Schäden führte.

@KRichard: “Hypothermie ist ein Verfahren …”

Danke für die Infos. Ich habe mich mit Hypothermie nie richtig beschäftigt.

@Konecny: off topic Beitrag Korrektur Per Google [Eisbuben Wien] kann man Infos finden. Beide waren ca. 20 Min unter Eiswasser. Der Ältere ist schwerst behindert

@Jaromir Konecny Danke für die Antwort, aber sind nicht in den letzten Jahren schon einige “unumstössliche Wahrheiten” über biologische Systeme ins wanken gebracht worden?

Photosysnthese, Geruch, das Navigationsorgan der Taube, das Sehen, all das sind Vorgänge von denen wir heute wissen dass sie eben nicht rein chemisch ablaufen sondern das Quanteneffekte eine Rolle spielen. Die Argumentation, dass biologische und Quantenmechanische Prozesse entkoppelt sind muss doch angesichts all dieser Entdeckungen aufgegeben werdeen. Die Beispiele zeigen, Quantenmechanische Prozesse können einen direkten Einfluss auf die Biochemie unseres Körpers haben. Die “Quantenbiologie” steckt noch in den Kinderschuhen aber ich würde mich nicht wundern wenn wir immer mehr dieser Effekte entdecken.

Ich halte es ebenso für sträflich die Argumentation über freien Willen und Bewusstsein von Penrose zu ignorieren. Die Argumentation von Penrose entspringt einem Verständnis der Natur unseres Kosmos das die Physik über 100 Jahren entwickelt hat.

Der wichtigste Kritikpunkt an der Neurowissenschaft ist daher, dass sie diese Erkenntnis, dass wir eben nicht in einem klassischen Universum leben, einfach ignoriert. Für mich ist das das gleiche als würde man den zweiten Hauptsatz der Wärmelehre ignorieren weil er einem gerade nicht in den Kram passt. Es ist eine nicht zulässige Vereinfachung die zu falschen Ergebnissen führen muss.

ich danke Ihnen für die rege Teilnahme an der Diskussion. Ich habe es mir wirklich nicht leicht gemacht, Penroses Vermutung abzulehnen, das Bewusstsein beruhe auf unbekannten quantenmechanischen Effekten. Sein Buch “The Emperor’s New Mind” habe ich Anfang 90er mit Begeisterung gelesen. Kein ernst zu nehmender Forscher würde unbegründet eine Hypothese von Roger Penrose missachten, ist doch Penrose ein weltberühmter theoretische Physiker.

Wenn eine reproduzierbare Studie auftauchen würde, die seine Hypothese belegte, würde jede angesehene thematisch entsprechende naturwissenschaftliche Zeitschrift diese veröffentlichen. Es werden ja die Thesen von Penrose auch ständig überprüft, wie hier zum Beispiel:

https://journals.aps.org/pre/abstract/10.1103/PhysRevE.80.021912

Auch mir ist schon während meiner Zeit in der Grundlagenforschung passiert, dass die angesehene Zeitschrift “Journal of Molecular Evolution” unseren Artikel nicht annahm. Dann jammert man halt mit den Kollegen am Institut etwas, von wegen, diese Gutachter hätten keine Ahnung von Informationstheorie, und schickt den Artikel an eine andere Zeitschrift, und er wird veröffentlicht, unser z. B. im “Journal of Theoretical Biology”.

Es gibt heutzutage Tausende naturwissenschaftliche Zeitschriften und Zehntausende Naturwissenschaftler, die nach jeder neuen Erkenntnis lechzen, zumal nach einer revolutionären. Sollte die Hypothese von Penrose experimentell bestätigt werden, wird sie sich verbreiten. Da wird wirklich nichts unter den Tisch gekehrt.

Zitat: “Photosynthese, Geruch, das Navigationsorgan der Taube, das Sehen, all das sind Vorgänge von denen wir heute wissen dass sie eben nicht rein chemisch ablaufen sondern das Quanteneffekte eine Rolle spielen. Die Argumentation, dass biologische und Quantenmechanische Prozesse entkoppelt sind muss doch angesichts all dieser Entdeckungen aufgegeben werden. Die Beispiele zeigen, Quantenmechanische Prozesse können einen direkten Einfluss auf die Biochemie unseres Körpers haben. Die “Quantenbiologie” steckt noch in den Kinderschuhen aber ich würde mich nicht wundern wenn wir immer mehr dieser Effekte entdecken.“

Quanteneffekte könnten eine eher begrenzte Rolle spielen, dies kann man kaum ausschließen. Obwohl klar ist dass Quanten der Urgrund von allem sind, ist auch klar das bislang fast alle derzeit bekannten Prozesse ohne Quantenmechanik erklärbar sind. Die Koppelung quantenmechanischer Prozesse auf biologische Prozesse (die ohne Quantenmechanik nicht erklärbar sind) dürft daher eher gering sein. Für die übliche Informationsverarbeitung im Gehirn scheint eine derartige Koppelung überhaupt nicht nötig. Außer allenfalls bei Prozessen einer Art von „Gedankenübertragung“, die allerdings wenn überhaupt, höchst selten vorkommen dürften. So etwas wie auftretende „Störimpulse“ (die vielleicht tatsächlich nicht „zufällig“ sind, sondern durch Quanteneffekte ausgelöst werden) könnten neuronale Assoziationsketten „triggern“ und einen diesbezüglichen Output auslösen.

Ob Quanteneffekte beim „Empfindungsphänomen“ (Lust – Schmerz), das sicherlich auch zum Bewusstsein gehört, eine größere Rolle spielen ist die Frage. Vermutlich sind elektrisch – chemische Wechselwirkungen Ursache für Empfindungen.

»Die Koppelung quantenmechanischer Prozesse auf biologische Prozesse (die ohne Quantenmechanik nicht erklärbar sind) dürft daher eher gering sein.«

Gerade in Nervenzellen spielen die Ionenkanäle in den Zellmembranen eine wichtige Rolle. Deren Zustände, ob offen oder geschlossen, werden durch quantenmechanische Phänomene beeinflusst. Und das ist nur ein Beispiel, auf der molekularen Ebene sind Quanteneffekte nicht wegzudenken.

So gesehen gäbe es ohne Quantenereignisse auch kein „Bewusstsein“. Aber das ist nicht das, was @Martin Weger im Gefolge von Penrose im Sinn hat.

Danke für die anregende Antwort, auf die ich gerne eingehen möchte.

Den verlinkten embodiment-Artikel in Spektrum konnte ich leider nicht lesen, aber ich sehe die embodiment-These ohnehin skeptisch: Im günstigsten Fall handelt es bloß um alten Wein in neuen Schläuchen, im schlechten Fall um steile, schwach begründete Thesen (was soll das bedeuten, wenn es heißt, das Bewusstsein werde nicht im Gehirn generiert, sondern „speise sich vielmehr in jedem Moment aus dem gesamten Körper“?)

Anderes Thema, Sie schreiben zur Veränderlichkeit des Konnektoms bei unveränderten „Ich“:

»Zum Beispiel werden Aufgaben von bestimmten Gehirnteilen, die verletzt werden, von anderen Gehirnteilen übernommen, ohne dass mein “Ich” sich massiv geändert hat…. «

Ich glaube, beim „Ich“ sollte man unterscheiden zwischen dem subjektiv erlebten „Ich“ und dem „Ich“, das von außen, von den Mitmenschen wahrgenommen wird. Im Beitrag hatten Sie angesprochen, wie stark sich das Konnektom im Laufe des (jungen) Lebens ändert, ohne dass sich das erlebte „Ich“ in gleichem Maße ändern würde.

Das ist zwar richtig, aber von außen betrachtet haben wir es geistig mit einem völlig anderen Menschen zu tun, wenn wir den Vierzigjährigen dem 14-jährigen gegenüberstellen. Gleiches sehen wir, wenn bei einem Menschen aufgrund einer Demenz das Konnektom teilweise zugrunde geht (werden blockierte synaptische Verbindungen beim Konnektom noch mitgezählt?). Der Betroffenen kann sich immer noch als derselbe wie früher empfinden, auch wenn die Umwelt nichts mehr von dem sieht, was den Menschen früher ausgemacht hat.

Das gleiche gilt für Hirnverletzungen. Der Patient kann sich als völlig intakt empfinden, obwohl er aufgrund eines Traumas Teile seines Körpers nicht mehr wahrnehmen kann.

»… Außerdem verlaufen in meinen Hirnzellen aufgrund ihrer genetischen Ausstattung, der im Leben angesammelten Erfahrung und meiner ständigen Wechselwirkung mit der Umwelt, andere biochemische Vorgänge als in den Hirnzellen anderer Menschen, …? «

Das verstehe ich nicht ganz. Ich hätte gedacht, dass bei allen Menschen in den Hirnzellen im Wesentlichen die gleichen Gene ein- und ausgeschaltet werden, die gleichen Ionenkanäle geöffnet und geschlossen und die gleichen Botenstoffe gebildet werden. Was aber nicht bedeutet, dass es keine Unterschiede gäbe, nur sind sie, im Vergleich zur biochemischen Grundausstattung, eher gering. Wichtig für die Persönlichkeit sind m. E. allem solche Gene, die die Entwicklung des Gehirns bzw. des Konnektoms (im Wechselspiel mit dem sensorischen Input) steuern.

»… deswegen glaube ich, wenn man in meinem Konnektom alle Gehirnzellen durch die Gehirnzellen eines anderen Menschen austauschen würde, wäre ich’s nicht mehr. Oh, habe ich jetzt ein neues Gedankenexperiment entwickelt? «

Der Austausch ist ja schon allein deshalb schwierig, weil man zu einer bestimmten Hirnzelle im Hirn (A) wohl kaum die entsprechende Zelle im Hirn (B) findet. Aber wenn es gelänge und das vorhandene Konnektom, das ist wichtig, bliebe dabei erhalten, dann wäre ich fürs erste immer noch „Ich“. Mit der Zeit allerdings könnte die andere genetische Ausstattung die Struktur des Konnektoms günstig oder ungünstig beeinflussen, je nachdem, wie smart der Spender war. Aber ich wäre immer noch ich.

Und last but not least: Das Konnektom eines, sagen wir, Makaken ist deutlich von dem eines Menschen verschieden. Dennoch eignen sich Makaken recht gut für die Hirnforschung. Das weist darauf hin, dass Physiologie und Biochemie im Vergleich zum Konnektom von nachrangiger Bedeutung sind: Mensch und Affe unterscheiden sich mental/kognitiv zuvörderst durch das Konnektom — und nicht durch die Neurophysiologie.

@Balanus: Danke für die anregende Antwort, auf die ich gerne eingehen möchte. Erster Teil:

Ich danke Ihnen für die ausführlichen Anmerkungen. Ich sitze gerade im Zug aus Biberach nach München, schön gegen die Samstagssonne abgeschirmt, so kann ich meinen Spaß mit “Gehirn & KI” haben. ? Hier meine Antworten:

@Balanus: Den verlinkten embodiment-Artikel in Spektrum konnte ich leider nicht lesen, aber ich sehe die embodiment-These ohnehin skeptisch: Im günstigsten Fall handelt es bloß um alten Wein in neuen Schläuchen, im schlechten Fall um steile, schwach begründete Thesen (was soll das bedeuten, wenn es heißt, das Bewusstsein werde nicht im Gehirn generiert, sondern „speise sich vielmehr in jedem Moment aus dem gesamten Körper“?)

Jaromir: Die Embodiment-Hypothese sagt einfach: “Ich bin mein ganzer Körper.” Nicht nur also mein Konnektom, oder nur mein Gehirn, nicht einmal nur mein ganzes neuronales System, das heißt auch das im Rückenmark und das neuronale System in meinem Verdaungstrakt und die Gesamtheit aller Nerven, sondern auch meine gesamte Sensorik und Motorik – mein ganzes “Ich” nun mal. Das ist keine Modethese, sondern ein Ansatz, der durch zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen belegt ist, von denen ich einige in meinem Text zitiert habe, wie die Sache mit dem Vagusnerv. Dieses Denken beeinflusst jetzt auch in immer größerem Maß die Weiterentwicklung der künstlichen Intelligenz, da man dort nun mal gemerkt hat: ein isoliertes künstliches neuronales Netz hat seine Grenzen – egal wie ausgeklügelt die Algorithmen sind, die das Netz mit Signalen speisen und sein Gradient suchen.

@Balanus: Das ist zwar richtig, aber von außen betrachtet haben wir es geistig mit einem völlig anderen Menschen zu tun, wenn wir den Vierzigjährigen dem 14-jährigen gegenüberstellen. Gleiches sehen wir, wenn bei einem Menschen aufgrund einer Demenz das Konnektom teilweise zugrunde geht (werden blockierte synaptische Verbindungen beim Konnektom noch mitgezählt?).

Jaromir: Am Beispiel der Demenz sieht man aber eben, dass hier das Konnektom keine so große Rolle spielt wie die Gehirnaktivität: Die meisten alten Menschen haben ja ihr Hirn mit Amyloid-Plaquen zugemüllt (das Alter ist das größte Risikofaktor für Alzheimer), trotzdem behalten viele sehr aktive Menschen ihre Vitalität bis ins hohe Alter und funktionieren gut, während andere ihr “Ich” langsam aber drastisch verlieren. Bei den “Aktiven” haben nun mal andere Gehirnteile die “verstopften” Leitungen kompensiert.

@Balanus: Das verstehe ich nicht ganz. Ich hätte gedacht, dass bei allen Menschen in den Hirnzellen im Wesentlichen die gleichen Gene ein- und ausgeschaltet werden, die gleichen Ionenkanäle geöffnet und geschlossen und die gleichen Botenstoffe gebildet werden. Was aber nicht bedeutet, dass es keine Unterschiede gäbe, nur sind sie, im Vergleich zur biochemischen Grundausstattung, eher gering. Wichtig für die Persönlichkeit sind m. E. allem solche Gene, die die Entwicklung des Gehirns bzw. des Konnektoms (im Wechselspiel mit dem sensorischen Input) steuern.

Jaromir: Vielleicht ist das bei mir im Text etwas missverständlich ausgedrückt: Selbstverständlich haben alle Menschen sehr ähnliche Gene und die daraus exprimierten Proteine, die sich nur durch kleine Mutationen unterscheiden. Und auch die grundlegenden biochemischen Reaktionen sind gleich. Jedoch sind wir jeder anders. Zuerst sind Chromosomen bei jedem Menschen anders aus den Genen zusammengesetzt: Bei der Befruchtung kommt es ja immer zur Rekombination der väterlichen und mütterlichen Chromosome. So werden bei jedem Menschen zu jeder Zeit unterschiedliche Gene in unterschiedlichen Mengen exprimiert.

Außerdem werden in unseren Gehirnen aufgrund ihrer individuellen Beschaffenheit und aufgrund unseres unterschiedlichen Verhaltens in jedem Augenblick unterschiedliche funktionelle Biomoleküle produziert und eingesetzt: Hormone, Neurotransmitter, Enzyme, diverse andere funktionelle Proteine, Nukleotide und Nukleinsäuren usw. Wenn “bei allen Menschen in den Hirnzellen (ständig) im Wesentlichen die gleichen Gene ein- und ausgeschaltet werden” würden, wären wir ja alle gleich funktionierende Roboter:

Wenn ich ein Auto starte und den Gang schalte, fährt’s los, ein Auto schneller, ein anderes langsamer, im Grunde verrichtet aber jedes Auto die gleiche Tätigkeit. Wenn ich aufwache, gehe ich joggen, während mein Schwager in Mähren eine Flasche Bier aufmacht. ? Dieses unterschiedliche Verhalten findet aufgrund unserer unterschiedlichen Biochemie statt, beeinflusst aber wiederum unsere Biochemie, die ein neues Verhalten beeinflusst und unseren Körper und auch unser “Ich” formt.

Das dopaminerge Motivations- und Belohnungssystem zum Beispiel funktioniert bei einem Alkoholiker oder anders Süchtigen ganz anders als bei einem Menschen, der “im Einklang” mit sich selbst und der Natur ? Lebt. Und massiver Drogenkonsum beeinflusst das “Ich” eines Menschen sicher maßgeblich. Aber auch unsere Triebe, Sport, Essen, unsere Umwelt, unsere Bildung und und und haben ständig Einfluss darauf, welche biochemischen Reaktionen in uns zu einem gegebenen Augenblick ablaufen.

Dass unsere auch “stoffzufuhrbedingte” Gehirnaktivität unser Verhalten steuert, ist genug belegt sowie dass unsere “Persönlichkeit” unterschiedliche “Feuermuster” der Neurone zu folge hat. Und diese “Feuermuster”, also die Gehirnaktivitäten, entstehen aufgrund dessen, welche Neurotransmitter von den synaptischen Vesikeln freigesetzt werden, was wiederum davon abhängt, welche Moleküle von den Neuronen gerade produziert werden und welche Signale von anderen Neuronen kommen und und und.

Wie gesagt aber: Selbstverständlich enthält unser Genom sehr ähnliche Gene, die ähnlich funktionelle Proteine kodieren, nur wann und wie und in welcher Kombination sie exprimiert werden, ist bei jedem Menschen anders, so wie seine daraus folgende Gehirnaktivität und auch sein Konnektom und sein Verhalten.

Zitat: „Gerade in Nervenzellen spielen die Ionenkanäle in den Zellmembranen eine wichtige Rolle. Deren Zustände, ob offen oder geschlossen, werden durch quantenmechanische Phänomene beeinflusst. Und das ist nur ein Beispiel, auf der molekularen Ebene sind Quanteneffekte nicht wegzudenken.“

Da habe ich mich etwas missverständlich ausgedrückt. Ich habe ausdrücklich betont dass Quanten der „Urgrund“ von allem sind. Es ist nur die Frage ob die (durch quantenmechanische Phänomene verursachten) Schalteffekte im Neuron hinreichend stabil sind um eine Informationsverarbeitung auf dieser Basis zu ermöglichen. In der Elektronik wären sie nicht stabil genug, weil es sich Computernutzer nicht gefallen lassen würden, kämen „Rechenergebnisse“ nach „Lust und Laune“ heraus. Bei Menschen ist man es gewöhnt dass 3 Verfassungsjuristen (oder Hirnforscher) zu 4 Meinungen kommen können.

Für mich ist nur die Frage, ob es besondere Effekte gibt die z.B. nur mit der Verschränkung von Teilchen erklärbar sind und deshalb als etwas „absurd“ erscheinen. Ich würde meinen, hätten wir sozusagen ein natürliches „Quantentelefon“ eingebaut um jederzeit ohne Technik mit anderen Menschen, zumindest mit Angehörigen kommunizieren zu können und wäre dies nicht anders als mit Quantenphysik zu erklären, wäre die Sachlage ganz klar, sozusagen 100% für Penrose.

Aber es ist nicht einmal sicher, ob es auch nur einen geringen derartigen Effekt gibt.

Da ich aber sozusagen „ganz heimlich“ vermute, dass unerklärliche (nur Quantenphysikalisch erklärbare) „Resonanzeffekte“ beim Empfindungsphänomen eine Rolle spielen könnten, wäre ich sozusagen in diesem dargelegten Sinne zu 50% mit Penrose.

Zu Ihrem „Dialog mit H. Konecny“ erlaube ich mir meinen „Senf“ beizusteuern.

Zu Ihrer Frage „was soll das bedeuten, wenn es heißt, das Bewusstsein werde nicht im Gehirn generiert, sondern „speise sich vielmehr in jedem Moment aus dem gesamten Körper“?“ Hardwaremäßig entsteht das Bewusstsein natürlich im Gehirn, aber alle elektrischen und chemischen Signale die äußere und innere Zustände bzw. Prozesse (auch genetisch gesteuerte) abbilden tragen zur Bewusstseinsbildung bei.

Wenn auch sehr viele Prozesse die gleiche „physikalisch – chemische“ Basis haben entwickeln sie sich unterschiedlich. Ich habe von einem Fall gelesen, bei dem ein kleiner Junge an den Geschlechtsteilen schwer verletzt wurde und von einem Psychiater angeraten wurde, ihn einfach als Mädchen zu erziehen, sozusagen eine „Frauensoftware“ zu implementieren und er läuft eben künftig als Frau durchs Leben.

Es ist gewaltig „schief“ gegangen. Was sozusagen aus „Informatiksicht“ völlig logisch erscheint, wäre sozusagen aus „Elektroniksicht“ völlig falsch. Die extrem „maßgeschneiderte Hardware“ entsteht sozusagen im Zusammenwirken der genetisch gesteuerten Prozesse abhängig von der Umgebung und besonders die Bildung der neuronalen (synaptischen) Verknüpfungen werden von den extern und intern verursachten Signalen gesteuert. Selbst die Geschwindigkeit des Aufbaues dürfte Einfluss auf die Strukturbildung letztlich auf die Systemeigenschaften nehmen. Solange dies nicht bestens verstanden wird kann man nur relativ geringen planbaren Einfluss nehmen.

Was demnach die Verbindung von Struktur und Funktion betrifft ist derzeit noch der materialistische Standpunkt korrekt.

So wie ehemals in der Elektronik, als wegen der absolut starren Verknüpfung von Struktur und Funktion einer elektronischen Schaltung der materialistische Standpunkt selbstverständlich war. Allerdings wurde später von Informatikern Struktur und Funktion als reines Softwarekonstrukt mathematisch formuliert und eine Emulation der Hardware samt Funktion auf einem anderen („von Neumann“) Prozessor wurde selbstverständlich.

Bedeutet: Sollte das Gehirn tatsächlich mathematisch formuliert („Software“) werden können, könnte Einfluss genommen und auch das (oder Teile vom) Gehirn könnten „emuliert“ werden.

Dann wären selbst implementierte „Denkhilfen“ für Alzheimerpatienten möglich.

Wären Quanteneffekte für das Bewusstsein veantwortlich, dann müssten auch Tiere, Steine und Atome ein Bewusstsein haben. Worin würde sich dieses Bewusstsein dann manifestieren, wie wäre es zu erkennen? Man kommt damit also keinen Schritt weiter, zumal Penrose/Hameroff keine konkreten Quanteneffekte genannt haben. Schon die hohe Temperatur des Gehirns spricht gegen Quanteneffekte, weil sie in der Thermodynamik untergehen würden. Quantenphysiker haben die Theorie daher längst verworfen.

Eine Figur ist immer nur als Kontrast vor einem Hintergrund zu erkennen. Das Bewusstsein müsste vor dem Hintergrund des Nichtbewusstseins betrachtet werden. Schlaf, Bewusstlosigkeit, Koma, Narkose und Bewusstseinstrübungen sind temporäre Zustände des Nichtbewusstseins. Dauerhaftes Nichtbewusstsein ist bei allen niederen Lebewesen vorhanden. Was ist also beim Menschen spezifisch für das Konnektom, was unterscheidet das Bewusstsein physiologisch von den Zuständen des Nichtbewusstseins? Hier sind also auch die Neuromediziner gefragt.

Zitat: „Wären Quanteneffekte für das Bewusstsein verantwortlich, dann müssten auch Tiere, Steine und Atome ein Bewusstsein haben. Worin würde sich dieses Bewusstsein dann manifestieren, wie wäre es zu erkennen?“

Ihren Schluss kann ich nicht nachvollziehen. „Bewusstsein“ ist ein eher vager Begriff.

Ich würde meinen, mein Bewusstsein ist am ehesten genau dasjenige, was ich im Kopf fühle wenn ich wach bin. Ich nehme die Umwelt wahr, kann sie aus gelernter Erfahrung interpretieren, kann erkennen was für mich (Ich Funktion) persönlich oder für meine Umgebung wichtig ist und kann danach handeln.

Es sind in erster Linie so etwas wie „bildhafte Gedankenströme“ z.B. von der Netzhaut ausgehend, (beim Menschen auch „verbal (sprachliche Information)“ verknüpft) und Empfindungen. Bei Hunden werden vermutlich Geruchsmerkmale eine größere Bedeutung haben, außerdem dürften Tiere offenbar wie auch der Mensch, Empfindungen (Lust und Schmerz) empfinden. Empfindungen haben große motivierende Bedeutung.

Die Funktion der „Gedankenströme“ scheint mir gut vergleichbar mit den „Informationsströmen“ in technischen Systemen. Als eine Art Zentrum (Akkumulator = Datensammler) der Informationsverarbeitung dürften bestimmte End- oder Zwischenschichten zwischen Hirnorganen dienen, vergleichbar einem Flachbildschirm (Mattscheibe). Nicht alle „Informationsströme“ führen über diese „Bewusstseinsanzeige“ um bewusstes Handeln zu generieren (Unterbewusstsein).

Ich würde am ehesten davon ausgehen, dass „Empfindungen“ letztlich von einer Art von Sensorik „wahrgenommen“ werden und nach der üblichen Umsetzung an einer Schnittstelle in elektrische Signale umgewandelt werden und in die Informationsströme eingebunden werden. Vermutlich gibt es auch Rückkoppelungen zur Sensorik. (Man könnte z.B. feststellen, man fühlt einen stechenden Schmerz an der großen Zehe weil man sich einen Nagel eingetreten hat).

Ich bin kein Physiker und nicht im Detail darüber informiert, aber in Sensorikelementen sollen quantenphysikalische Effekte eine Rolle spielen, angeblich sogar in Photozellen (Wikipedia).

Meine ehemalige Zunft (Elektronik) wartet immer begierig darauf, dass die Physiker Neuigkeiten aushecken die in den elektronischen Systemen Anwendung finden können.

Ich bin der Meinung, dass die Physiker immer fleißig abgeliefert haben.

@Anton Reutlinger Gibt es irgendjemand der das Bewusstsein von Tieren in Frage stelt? Wenn ja dann halte ich das für vergleichbar idiotisch wie Kreationisten oder Flat-earthern.

Ich denke insbesondere auch dass, das Pantoffeltierchen ein Bewusstsein hat. Das Pantoffeltierchen fällt Entscheidungen und ich gestehe ihm dabei einen freien Willen zu. Das Pantoffeltierchen hat auch sicherlich primitive “Denk”-Prozesse die seine Entscheidungen beeinflussen. Die Annahme macht auch aus dem Standpunkt der natürlichen Selektion Sinn. Nur wenn schon das Pantoffeltier ein Bewusstsein ist die evolutionäre Entwicklung komplexerer bewusster Lebewesen nachvollziehbar.

Wenn das Pantoffeltierchen als ein EInzeller aber ein Bewusstsein hat, warum dann nicht “deep thougt” und andere Supercomputer? Sicherlich sind sie zu wesentlich komplexerern Rechenoperationen als das Pantoffeltierchen im Stande. Irgendetwas fehlt in klassischen Systemen, dass es in primitiven Organismen wie dem Pantoffeltierchen gibt.

@anton reutlinger Die gleiche Annahme, dass alles ein Bewusstsein haben kann, gilt übrigens ebenfalls für die Theorien der Neurowissenschaft. Wenn nach Tononis IIT (Information Integration Theory) ein Haufen Steine genug “Phi”, also vernetzte und integrierte Komplexität aufweist, dann wird er Bewusst. Deshalb nennt man Tononois Theorie auch einen “Panpsychismus”.

@Jaromir Konecny “Wenn eine reproduzierbare Studie auftauchen würde, die seine Hypothese belegte”

Deshalb habe ich die Studie von Anirban Bandyopadhyay erwähnt. Sie ist in sofern ein Beleg, dass sie 99% der Ktikpunkte an Orch OR, wie die in dem von Ihnen verlinkten Artikel widerlegt.

Anirban Bandyopadhyay zeigt: – In Microtubulae sind Quantenzustände in “nasser und warmer” Umgebung kohärent. – diese Quantenzustände sind anregbar durch makroskopische Prozesse und können theoretisch mit anderen Prozessen im Gehirn interagieren.

Alle Kritiken an Orch-OR, so wie auch fast all die Kritikpunkte die hier genannt wurden, beziehen sich auf diese beiden Punkte, die Anirban Bandyopadhyay widerlegen konnte.

Was aber wenn die Neurowissenschaft statt nach Gründen zu suchen um Penrose zu ignorieren versuchen würde auf der Basis der Hypothese gemachte Vorhersagen zu überprüfen? Warum untersucht niemand die Frage wie Alzheimer und die damit einhergehende Erosion der Tubulae “Bewusstsein” beeinflusst?

@Martin Weger: Deshalb habe ich die Studie von Anirban Bandyopadhyay erwähnt. Sie ist in sofern ein Beleg, dass sie 99% der Ktikpunkte an Orch OR, wie die in dem von Ihnen verlinkten Artikel widerlegt.

Jaromir: Über Nassim Haramein, den Betreiber der Seite mit dem Anirban Bandyopadhay-Artikel, den Sie hier verlinkt haben, schreibt Rational Wiki, dass Harameins Werk Pseudowissenschaft sei und von der “mainstream” Physik nicht anerkannt.

Man kann über Naturwissenschaften wirklich nur dann diskutieren, wenn sie nachprüfbare Fakten liefert. Wie schon geschrieben: Wenn Wissenschaftler etwas Neues Belegbares entdecken, findet sich in dieser Unmenge der naturwissenschaftlicher Zeitschriften sicher eine ernst zu nehmende, die diese Ergebnisse veröffentlicht. Und ich muss diesen Ergebnissen vertrauen können, da ich ja nicht selbst alle Gebiete der Wissenschaft erforschen kann. Dieses Konsens der naturwissenschaftlichen Falsifizierbarkeit muss es geben, sonst wird Naturwissenschaft Esoterik und dann könnte alles gelten, was jemand irgendwo im Internet veröffentlicht.

@Martin Weger: Warum untersucht niemand die Frage wie Alzheimer und die damit einhergehende Erosion der Tubulae “Bewusstsein” beeinflusst?

Jaromir: Der überwiegende Teil der Hirnforschung besteht aus der Erforschung der neurodegenerativen Krankheiten wie Alzheimer und Parkinson. Über Alzheimer wird wirklich nicht absichtlich wenig geforscht: Unter diesem Link kann man’s sehr gut sehen:

https://neurosciencenews.com/?s=Alzheimer

Nun entscheiden sich Neurowissenschaftler meist selbst, worüber sie forschen, was momentan interessant und wissenschaftlich ist. Wenn zum Beispiel zig Quantenphysiker zeigen, dass Penrose mit seiner Theorie des “Quantenbewusstseins” nicht recht hat, und die Hirnforscher selbst jeden Tag in Experimenten beobachten, wie das Gehirn funktioniert und dass alle biochemischen Reaktionen deterministisch ablaufen, so wie man sie kennt, ohne dass irgendwelche Quanteneffekte diese Reaktionen beeinflussen würden und eine Reaktion statt zum Beispiel immer Dopamin plötzlich wegen einer quantenmechanischen Unsicherheit Acetylcholin liefern würde, warum sollte man dann diese unbegründete und der Beobachtung widersprechende Annahme machen?

So was käme nun mal jedem ernsthaften Forscher so vor, als ob er untersuchen sollte, warum Hexenbesen fliegen.

Was genau sind Quanteneffekte? Welche Quanteneffekte sollen für das Bewusstsein maßgeblich sein? Hier wird nur laienhaft und unspezifisch schwadroniert.

Quanteneffekte gibt es in jedem Atom, folglich müssten auch Atome ein (Proto)Bewusstsein haben, entsprechend der Lehre des atomistischen Panpsychismus. Das aber ist schlicht Unsinn, es gibt dafür keinerlei Gründe oder Erkenntnisse. Manche Quanteneffekte sind ausschließlich unter den Bedingungen von Experimenten beobachtbar, mache haben keinerlei physikalische Effekte, wie z.B. die Vakuumfluktuationen, andere sind rein spekulativ. Welchen Effekt auf das Bewusstsein hat bspw. die Lamb-Verschiebung?

Dass manche Tiere ein rudimentäres Bewusstsein haben, steht außer Frage. Das Bewusstsein ist auch eine Folge der langen Lebensdauer, wie beim Menschen. Einfache Tiere, die weniger als ein Jahr leben, können kein Bewusstsein für die Jahreszeiten entwickeln. Die Behauptung, dass Einzeller wie Pantoffeltierchen ein Bewusstsein hätten, ist daher nichts als esoterischer Quatsch.

Es gibt in der Biologie viele faszininierende Phänomene, die allesamt natürlich erklärbar sind. Insbesondere die Funktionen und Vorrichtungen der Kybernetik spielen hier eine Rolle. Dazu gehören Schalter, Ventile, Filter, Schablonen, Weichen, Speicher, Rückkopplungen und etliche andere. Die Kybernetik bildet eine Brücke zwischen Biologie und Psychologie. Es gibt ein universitäres Fachgebiet Biokybernetik.

Ahh come on, dieser Link entstand weil ich einfach gegoogelt habe um öffentlich zugängliche Version zu finden. Die Studie wurde im “Biosensors Journal” (Elsevier) veröffentlicht, was ein ordentliches Peer Review Magazin ist. Sie führte dazu, dass er im Anschluß zu dieser Studie zum MIT wechselte, die wohl seine Studie ebenfalls geprüft haben.

Heute arbeitet Hammeroff mit Jack Tuszynski, der 400 Veröffentlichungen im ordentlichen Journalen vorweisen kann zusammen. Seine Kritik an Hammeroff mag der Grund sein warum Hammeroff so oft angegriffen wird. Er sagt: “Stuart, I think, is very prone to speculation,” he says. “In many respects, he is his own worst enemy and would be better off if he limited himself a bit. But Stuart is a genius. His work on microtubules, prior even to ever getting involved with Penrose, is brilliant, and it is the reason I work on microtubules today.”

Diese Einschätzung trifft wahrscheinlich den Nagel auf den Kopf. Siehe: http://discovermagazine.com/bonus/quantum

Diese Replik ist sehr faul und vereinfacht. Sicherlich sollte es eine zweite Studie geben die Anirban Bandyopadhyay arbeit bestätigt und möglicherweise handelt es sich um einen Anfang einer Kette von wissenschaftlichen Veröffentlichungen zu diesem Thema.

Meine Frage ist: Welche “Durchbrüche” haben Hans Moravek oder Ray Kurzweil vorzuweisen? Wo ist die Bestätigung durch das “Human Brain Projekt”, dass zwar mit milliarden ausgestattet ist aber von immer mehr als Humbug angesehen wird? Wo sind die Durchbrüche der neurowissenschaftlichen Emergenz Theorien?

Orch-OR ist im Moment die Einzige Theorie über Bewusstsein für die es regelmässig bestätigende Veröffentlichungen in anerkannten Journalen gibt. Wie beispielsweise die Arbeit von Roderick G. Eckenhoff / University of Pennsylvania über Anaesthetika und Tubulin.

@Martin Weger: Orch-OR ist im Moment die Einzige Theorie über Bewusstsein für die es regelmässig bestätigende Veröffentlichungen in anerkannten Journalen gibt. Wie beispielsweise die Arbeit von Roderick G. Eckenhoff / University of Pennsylvania über Anaesthetika und Tubulin.

Jaromir: Wir müssen wohl akzeptieren, dass wir hier jeder eine andere Meinung haben. ? Das ist aber sicher kein Problem, oder?

Auf jeden Fall wünsche ich Ihnen einen schönen Sonntag! Hier in München gibt die Sonne alles. Weiß nicht, wie lange ich noch am Computer aushalte. ?

@anton reutlinger bitte bleieben sie doch ein mal sachlich. Ich referenziere die Arbeit von Penrose und Hameroff und habe keine Lust ihnen alles Haarklein hier zu replizieren. Penrose und Hammerhoff legen explizit dar wie ihrer Ansicht nach diese Interaktion stattfindet.

Meine Ansicht ist eigentlich die, dass diejenigen die sagen dass im Gehirn keine quantenmechanischen Effekte eine Rolle spielen obwohl Physiker seit über 100 Jahren zeigen, dass die Vorstellung eines reduktionistischen und deterministischen Universums falsch ist, die eigentliche Beweislast haben.

Penrose hat die Argumente vorgelegt die dafür sprechen, dass Bewusstsein und Quantenmechanik gekoppelt sein müssen, die Neurowissenschaft müsste jetzt zeigen, dass sie das ausschliessen kann. Das tut sie nicht. Neurowissenschaftler argumentieren unwissenschaftlich und unredlich wenn sie unbewiesen behaupten, dass diese Einschränkung zulässig ist nur weil in der Vergangenheit diese Kopplung bisher oft vernachlässigbar war.

Wenn jemand Vereinfachungen bei der Betrachtung komplexer Systeme, wie dem Gehirn, vornimmt, dann müssen diese Vereinfachungen wohlbegründet und quantitativ abschätzbar sein. Ich sehe keine solche quantitative Abschätzung der Randbedingungen, nur Ignoranz und Angriffe auf die redlichkeit der beteiligten Wissenschaftler.

@Martin Weger: “bitte bleieben sie doch ein mal sachlich.”

Dieser Ausruf galt zum Glück nicht mir :-), da es aber mein Blog ist, muss ich mich dazu äußern: Ich empfinde diesen Ausruf als ein bisschen unsachlich. Ich würde mich sehr freuen, wenn wir hier über wissenschaftliche Sachen diskutieren, und wenn jemand eine andere Meinung hat, es einfach akzeptieren, ohne irgendwelche persönlichen Anspielungen zu starten. Ich gebe zu, diese war sehr milde, und wohl hat’s hier in den Kommentaren schon etwas heftigere gegeben. Ich will’s aber jetzt sagen.

“Wenn zum Beispiel zig Quantenphysiker zeigen, dass Penrose mit seiner Theorie des “Quantenbewusstseins” nicht recht hat”

Das ist einfach eine falsche Behauptung.

“Jaromir: Wenn zum Beispiel zig Quantenphysiker zeigen, dass Penrose mit seiner Theorie des “Quantenbewusstseins” nicht recht hat”

@Martin Weger: Das ist einfach eine falsche Behauptung.

Jaromir: Meine Behauptung mit zig Quantenphysikern, die gezeigt haben, dass das Penrose-Hameroff-Modell nicht stimmen kann, ist nicht falsch, das kann man ja bei Google Scholar nachprüfen, wenn man nach “Penrose Hameroff” sucht, sich aber die Mühe nimmt, die Fülle an Artikeln auszusortieren, an denen Hameroff selbst beteiligt ist. Wohl ist aber meine Aussage über “Quantenphysiker” doch etwas irreführend, das gebe ich zu, und entschuldige mich für diese: Es gibt nun mal tatsächlich viele Quantenphysiker, die das “Quantenbewusstsein” ansprechend finden.

Dagegen steht aber eine Schar Hirnforscher mit ihrer täglichen Beobachtung, wie das Gehirn funktioniert und wie biochemische (deterministische) Reaktionen im Gehirn unser Verhalten und somit unser “Ich” beeinflussen: Ein Alzheimer-Patient ändert nun mal seine Persönlichkeit aufgrund der ß-Amyloide, mit denen seine Neurone verstopft sind, und nicht aufgrund von Quanteneffekten.

Und jetzt ziehe ich mich endgültig aus der Penrose-Hameroff-Diskussion raus. ?

Zu meinem vorherigen Post: Physiker streiten um Penrose Theorie zum Kollaps der Wellenfunktion durch einfluß der Gravitation. Sie ist ebenso umstritten wie das Gegenmodell, die “many worlds theory”. Man wird sehen wo dieser Streit hinführt. Es ist aber nicht so, dass Penrose Ideen heute keine Anhänger hätten.

@Martin Weger: Physiker streiten um Penrose Theorie zum Kollaps der Wellenfunktion durch einfluß der Gravitation. Sie ist ebenso umstritten wie das Gegenmodell, die “many worlds theory”. Man wird sehen wo dieser Streit hinführt. Es ist aber nicht so, dass Penrose Ideen heute keine Anhänger hätten.

Jaromir: Da gebe ich Ihnen Recht, und das hatte ich etwas falsch gesehen, bevor ich mich mit der “Statistik” über die Veröffentlichungen zum Thema auseinander gesetzt hatte: Unter den Quantenphysikern haben Penrose-Ideen viele Anhänger. Auch mich haben sie vor 25 Jahren berauscht. Kurz davor hatte ich meinen Quantenmechanik-Wahlpflichtkurs gemacht und überlegt, ob ich in der Quantenchemie mein Diplom machen sollte. ? Zum Glück haben mich molekulare Evolution und Bioinformatik mehr angezogen. Damit will ich aber nichts Abschätziges über Quantenmechanik sagen.

Mein Wunsch nach Sachlichkeit war bezogen auf den Vorwurf: “Hier wird nur laienhaft und unspezifisch schwadroniert.”

@Martin Weger; Die Hypothese von Penrose/Hameroff ist eine beliebige und phantasievolle Mixtur von Theorien und Hypothesen aus Mathematik, Informatik, Physik, Biologie und Neurologie. Nichts davon ist empirisch erforscht oder gar bestätigt. Die meisten Wissenschaftler der verschiedenen Fachdisziplinen zweifeln daran oder lehnen sie aus vielerlei Gründen ab. Es sind hauptsächlich Laien, die daran glauben, weil es eine exotische Theorie mit vielen hochtrabenden Fachbegriffen ist. Aber selbstverständlich darf daran glauben wer will.

Die Neurowissenschaft ist nicht verpflichtet, jeder neuen Hypothese hinterher zu laufen. Der Fortschritt selber wird zeigen, welche Hypothesen verworfen werden müssen, welche sich bewähren.

Das Bewusstsein muss unterteilt werden in einen funktionalen und einen phänomenalen Teil. Es ist kein monolithisches Phänomen, sondern eine Kombination vieler Teile. Der funktionale Teil wird sicher naturwissenschaftlich erklärbar sein, d.h. man wird erkennen, welche Strukturen für das Bewusstsein unverzichtbar sind, insbesondere das Gedächtnis, welche Funktionen oder Prozesse am Bewusstsein beteiligt sind. Man kann erwarten, dass ein hoher Grad an Vernetzung mit Rückkopplungen und Redundanz, sowie eine umfassende Sensorik, die Hauptmerkmale sein werden.

Der phänomenale Teil ist ein hartes Problem und nach meiner Ansicht unlösbar. So wie Anziehung und Abstoßung fundamentale und nicht hinterfragbare Merkmale des physikalischen Universums sind, so könnte man Farbempfindungen und andere Qualia als fundamentale und nicht hinterfragbare Merkmale des biologischen Universums einstufen.

@ Martin Weger Mich würde interessieren ob Penrose diejenigen Information verarbeitenden Gatter Effekte die z.B. von W. McCulloch erstmals nachgewiesen wurden und die Informationsverarbeitung im neuronalen System erklären explizit infrage stellt, für nicht existent hält, oder ob er vielleicht genau diese relevanten Effekte auf eine „tiefere quantenphysikalische Basis“ stellen will, oder ob er sich darauf beschränkt, das harte Problem des Bewusstseins (Qualia) zu erklären?

Weiter oben wurde die Elastizität eines Gummiballs als Beispiel erwähnt. Ist Elastizität eine Eigenschaft des Gummiballs? – Nein, muss man antworten, sie ist vielmehr ein Merkmal für das kausale Verhalten des Gummiballs. Wenn man ihn eindrückt und wieder loslässt, dann nimmt er wieder seine gewohnte Form an. Aber woher weiß er das, hat er eine Intelligenz oder ein Bewusstsein dafür?

Selbstverständlich sind es die Eigenschaften der Moleküle des Gummis und die Tendenz der Natur zum Gleichgewicht der Kräfte, die für das elastische Verhalten sorgen. Viele unerklärlich oder rätselhaft erscheinende Phänomene der Natur sind ganz einfach erklärbar – wenn man den richtigen Geistesblitz hat. Die Medien berichten immer wieder über solche Entdeckungen. Die gigantische Theorie von Penrose/Hameroff widerspricht der Tendenz der Natur zur Einfachheit, oder Occams Rasiermesser. Eine einzige Störung oder ein Widerspruch im Zusammenwirken der vielen Teile lässt sie wie ein Kartenhaus in sich zusammenfallen.

Quanteneffekte sind ubiquitär in der Natur, sie sind in den Naturgesetzen der Physik und Biologie schon enthalten, weil sie nicht zu vermeiden sind und weil sie ein statistisch vernachlässigbares Rauschen bilden. Besondere Effekte zeigen sie nur in experimentellen Konstellationen.

Die Körpergröße oder die Höhe von Gegenständen wird nicht vom Erdmittelpunkt, sondern von einer relativen Standfläche aus gemessen. Die Messung vom Erdmittelpunkt wäre praktisch kaum möglich und würde keine zusätzlich nutzbare Information liefern. Die biologische Welt existiert unter den spezifischen Bedingungen dieses Planeten. Sie ist relativ zu diesen Bedingungen erforschbar und zu verstehen. Besondere Bedingungen müssen besonders erforscht werden, so wie die bemannte Raumfahrt.

Das Fazit ist, dass man die Erforschung des Bewusstseins mit gesundem Menschenverstand angehen sollte, nicht mit willkürlichen oder mit vorurteilsbehafteten Spekulationen, seien sie auf wissenschaftlicher oder metaphysischer Grundlage.

Auf die Fragen: „Wird mein „Ich“ nur durch das Konnektom definiert? Bin ich ausschließlich im Netz der neuronalen Leiterbahnen in meinem Gehirn kodiert? Ist die Aktivität meines Gehirns nicht wichtig für mein Bewusstsein? etc. kann mit einer hohen Wahrscheinlichkeit mit „nein, aber..“ geantwortet werden. Das Konnektom für sich ist zwar das unentbehrliche architektonische Grundgerüst, aber für die Entstehung von Empfindungen, Schmerz und letztlich das Entstehen des Bewusstseins sind die elektrochemischen Abläufe in den Synapsen verantwortlich. So wie, etwas vereinacht ausgedrückt, ein Automotor ohne Treibstoff nichts tut, bleibt das Konnektom inaktiv und funktionslos ohne die biochemischen Aktivitäten im Gehirn.

Eine interessante Theorie zur Entstehung des Bewusstseins vertritt der Neurobiologe Hans Flohr, wonach Bewusstseinszustände auf spezifische Hirnzustände zurückgeführt werden können. Bewusstseinszustände sind demnach identisch mit selbst-referentiellen Repräsentationen höherer Ordnung (Metarepräsentationen), durch die das Gehirn seinen eigenen, aktuellen Zustand repräsentiert. Der phänomenale Gehalt von Bewusstseinszuständen entspricht dem Gehalt dieser Metarepräsentationen.

Interessant in diesem Zusammenhang ist die Funktion von sogenannten NMDA-Synapsen. Je nach partieller Hemmung dieser Synapsen, zum Beispiel durch Substanzen wie LSD, Ketamin, Tryptamine etc. können völlig abnorme Bewusstseinszustände erlebt werden. Es ist bekannt dass das Erleben unter dem Einfluss solcher Substanzen völlig anders ist, als das was man in der ‚Alltagswirklichkeit’ erlebt: die äussere und auch inneren Wirklichkeit, insbesondere die Empfindung des Ich-Bewusstsein hebt sich dabei völlig vom Normalbewusstsein ab. Auch während des Träumens ist das Konnektom noch dasselbe, aber durch den andern „Betriebsmodus“ wird eine andere Wirklichkeit erlebt.

Im Konnektom mögen wesentliche Eigenschaften, Charakter, Erfahrungen und Erinnerungen codiert sein. Was aber ein einzelner Mensch in einem bestimmten Moment innerlich erlebt, was er fühlt empfindet, etc. wird, vereinfacht gesagt, durch die neuronalen Aktivitäten bestimmt.

Danke für Ihren Beitrag und den Hinweis auf Hans Flohr. Seine Theorie des Bewusstseins ist nachprüfbar, da im Grunde reduktionistisch: mentale Zustände hängen von Gehirprozessen ab. Das glaube ich auch.

Auch glaube ich, dass beides, das Konnektom und die Gehirnaktivität, wichtig für unser “Ich” sind, der ganze restliche Körper aber auch, (Embodiment) wie erwähnt. Erinnerungen entstehen oft durch Sinnesreize: wenn ich zum Beispiel ein Himbeerfeld sehe, erinnere ich mich, wie ich mit meiner ersten Freundin Himbeeren sammelte. Plötzlich feuern Neurone in der Amygdala (Gefühle) und im Hippocampus und im visuellen Cortex zusammen. So würde man sagen, die Gehirnaktivität ist für das “Ich” entscheidend. Doch als man Henry Molaison den Hippocampus wegen epileptischer Anfälle entfernt hatte, also einen Teil seines Konnektoms, konnte Molaison keine neuen Erinnerungen mehr bilden und entwickelte diese Fähigkeit Zeit seines Lebens nicht mehr, das heißt, hier haben andere Gehirnteile diese Funktion nicht mehr übernommen. Auch das zeigt, dass das Konnektom wichtig ist für mein “Ich”, nur wie gesagt: Das Konnektom reicht nicht, um mich ganz zu definieren.

Na, ja, trotzdem könnte man auch hier denken: Molaisons Fähigkeit, neue Erinnerungen zu bilden, verschwand nicht aufgrund des Teilkonnektoms in seinem Hippocampus, sondern aufgrund der Neurone dort, die ja die Grundlage sind für Gehirnaktivitäten. ?

Ich möchte mir eine Anmerkung zur unterschiedlichen Sichtweise Hirnforscher – gegen Penrose erlauben.

Man muss davon ausgehen, dass streng genommen aus philosophischer Sicht McCullochs „Gatterthese“ im Zusammenhang mit der Prädikatenlogik nicht stimmen kann, aber annähernd dennoch stimmt. Darauf möchte ich eingehen.

Es wäre denkbar dass Penrose seinen Einwand gegen diese These damit begründet. Letztlich könnten unstabile Quanteneffekte ursächlich dafür sein. (Aus philosophischer Sicht dürften auch Computer nicht funktionieren, obwohl sie in der Realität bestens funktionieren. Dies weil ein technisches Grundelement (Flip-Flop) nicht funktionieren dürfte wenn man von „absoluter Gleichheit“ der Bauelemente ausgeht. Der Anspruch auf „Absolutheit“ in der Philosophie scheint nicht realistisch. „Absolutheit“ gibt es praktisch nicht.)

In der Schaltalgebra, die von der Prädikatenlogik ausgeht, müssen alle Eingänge eines (UND) Gatters gleichzeitig den Eingang logisch „1“ haben, um am Ausgang logisch „1“ zu erzielen. Dies ist bei neuronalen Systemen offensichtlich meistens nicht der Fall. Bei Neuronen reicht, es wenn an „ausreichend“ vielen (dendritischen) Eingängen annähernd gleichzeitig Spikes eintreffen um das Neuron zu triggern. Es ist sozusagen, statistisch gesehen, in einer „qualifizierten Mehrheit“ der Neuronen (Gatter) ein Triggern erforderlich. Bedeutet, wenn den Kindern sehr oft und sehr heftig der Sachverhalt dass 1+1 = 2 ergibt, „eingetrichtert“ wird, werden viele „Gatter“ (Neuronen mit synaptischen Verknüpfungen) angelegt, so ist diese Information sicher gelernt, im Gehirn gespeichert und verankert.

Das kann nicht bei allen Sachverhalten so intensiv geschehen und so ergeben sich unterschiedliche Sichtweisen. Auch zwischen Hirnforschern und Penrose.

Quanten sind der „Urgrund“ von allem. Es ist nur die Frage ob die (durch quantenmechanische Phänomene verursachten) Schalteffekte im Neuron hinreichend stabil sind um eine absolut „exakte“ Informationsverarbeitung auf dieser Basis zu ermöglichen. In der Elektronik wären sie nicht ausreichend stabil, weil es sich Computernutzer nicht gefallen lassen würden, kämen „Rechenergebnisse“ nach „Lust und Laune“ heraus. Bei Menschen ist man es gewöhnt dass 3 Verfassungsjuristen (oder Hirnforscher) zu 4 Meinungen kommen können.

Menschen wären vermutlich aus psychologischen Gründen nicht existenzfähig, müssten sie stets logisch präzise wie ein Computer und nicht eher „heuristisch funktionieren“.

@Elektroniker: Quanten sind der „Urgrund“ von allem. Es ist nur die Frage ob die (durch quantenmechanische Phänomene verursachten) Schalteffekte im Neuron hinreichend stabil sind um eine absolut „exakte“ Informationsverarbeitung auf dieser Basis zu ermöglichen. In der Elektronik wären sie nicht ausreichend stabil, weil es sich Computernutzer nicht gefallen lassen würden, kämen „Rechenergebnisse“ nach „Lust und Laune“ heraus. Bei Menschen ist man es gewöhnt dass 3 Verfassungsjuristen (oder Hirnforscher) zu 4 Meinungen kommen können.

Menschen wären vermutlich aus psychologischen Gründen nicht existenzfähig, müssten sie stets logisch präzise wie ein Computer und nicht eher „heuristisch funktionieren“.

Jaromir: Das sehe ich ähnlich. Obwohl ich genauso wie Sie in einem Kommentar oben geschrieben habe, “Quanten sind der Urgrund” von allem, meinte ich damit, Quanten sind die kleinsten Bestandteile von allem. Ihr Verhalten widerspricht unserer Erfahrung aus der makroskopischen Welt, und dem gesunden Menschenverstand: Unschärfe-Relation, Verschränkungen, die Wahrscheinlichkeitsdeutung der Wellengleichung, an der auch Einstein zu knabbern hatte – die Schrödingergleichung. Trotzdem können wir mit der Gleichung ganz gut rechnen.

Obwohl bei den chemischen Reaktionen Atome und Moleküle bzw. Ionen zusammen reagieren, also Substanzen im quantenchemischen Bereich, ergeben sie makroskopisch immer die gleichen Stoffe. Das heißt, wenn ich Natrium ins Wasser schmeiße, entwickelt sich immer Wasserstoff und Natriumhydroxid daraus. Ohne dass ein Quanteneffekt plötzlich, sagen wir, die Bildung des Wasserstoffperoxids verursacht. Genauso verlaufen alle biochemischen Reaktionen im Gehirn gleich und deterministisch, die auch immer die gleichen Stoffe produzieren, zum Beispiel Neurotransmitter und Hormone. Diese steuern dann unser Verhalten und prägen unser “Ich”. Tausende von diesen Reaktionen kennen wir und können auch ihren Einfluss auf unser Verhalten beobachten.

Ich denke, in menschlichem Gehirn gibt es Milliarden diverse Prozesse, chemische und elektrische, die sich in allen möglichen Kombinationen überlagern, also parallel laufen. Schon deswegen kann der Computer damit nicht verglichen werden. Ein Transistor hat eine Handvoll Leitungen zu anderen Transistoren, ein Neuron Tausende, und es gibt ja 86 Milliarden Neurone im menschlichen Gehirn.

Trotzdem haben 1943 McCulloch und Pitts, wie Sie schreiben, das Neuron dem Gehirn als ein logisches Schwellenelement für die Informatik abgeschaut. Bestimmten Kombinationen dieser Neurone konnten logische Funktionen der Boolschen Algebra durchführen: UND, ODER, NICHT. Mit der Verallgemeinerung davon, dem Perzeptron-Modell, stellte dann Frank Rosenblatt das Paradigma des neuronalen Netzes dar, das heutzutage die Grundlage ist für künstliche neuronale Netze. Diese Netze können lernen, klassifizieren und generalisieren, wenn man durch sie nach diversen Algorithmen Signale leitet. Das Lernenkönnen scheint also eine grundlegende Eigenschaft eines solchen Netzes zu sein, wenn dadurch nach bestimmten Mustern Signale geleitet werden.

Das ist mir dann zu viel Zufall. ?

Deswegen denke ich, auch das Gehirn bedient sich dieser Eigenschaft, dass ein solches Perzeptronnetz lernen kann. Jedoch nicht nur als ein Gesamtnetz aus 100 Billionen Verbindungen zwischen 86 Milliarden Neuronen, die es im Gehirn gibt, sondern vor allem als Überlagerung aller möglichen Arten von neuronalen Netzen. Ihr jeweiliger Umfang wird durch die jeweilige “Gehirnaktivität” definiert, die in ihnen stattfindet – welche Neurone also gerade zusammen feuern und dieses Teilnetz bilden. Diese Neurone feuern aber nach ihren belegbaren chemischen und elektronischen Aktivitäten.

Deswegen muss man hier eigentlich keine zusätzlichen “Quantenannahmen” machen. Dass Penrose diese Annahme trotzdem macht, ohne sich groß mit der Funktion des Gehirns auseinanderzusetzen, erinnert mich etwas an die Antwort von Laplace, als Napoleon ihn fragte, wo denn in seiner Himmelsmechanik der Platz für Gott sei:

“Diese Annahme habe ich nicht gebraucht”, sagte Laplace.

@Jaromir Konecny “Deswegen muss man hier eigentlich keine zusätzlichen “Quantenannahmen” machen”

Die Frage die sie stellten ist aber “bin ich mein Konnektom” und meines erachtens beantwortet man diese Frage nicht wenn man das Gehirn reduktionistisch und deterministisch betrachtet. Die Frage woher mein freier Wille kommt, beinhaltet eben philosophische Fragen über unser Universum.

Ihre Aussage erinnert mich eigentlich eher an die Aussage von Lord Kelvin im 19Jh: “There is nothing new to be discovered in physics now. All that remains is more and more precise measurement”.

Die meisten Prozesse im Gehirn laufen sicherlich wie von ihnen beschrieben ab, aber sie erklären eben nicht den Freien Willen. Nur wenige Tage vor diesem Artikel erschien : https://scilogs.spektrum.de/beobachtungen-der-wissenschaft/austritt-aus-der-komfortzone-absoluter-gewissheiten-von-der-quantenphysik-zum-politischen-populismus-unserer-tage/

Auch Lars Jaeger sieht eine Verbindung zwischen Herrschaft und wissenschaftlicher Weltsicht. Zitat: “In der Loslösung von einer absoluten Bestimmtheit, wie sie Quantenphysik und Relativitätstheorie betrieben, lässt sich ohne weiteres eine der grössten philosophischen Einsichten des letzten Jahrhunderts erkennen. ” …

“Diese Entwicklungen in der modernen Physik, Biologie und Psychologie mit der Aufgabe eines universellen Substanzbegriffs und Wahrheitskriterium jeglichen Couleurs besitzen eine bedeutende Dimension auch im Politischen − worauf zum ersten Mal Karl Popper hinwies: In der Loslösung von absoluten wissenschaftlichen Wahrheitsansprüchen und von substantiellen Objekteigenschaften lassen sich erstaunliche Parallelen zur gesellschaftlichen Herrschaftsdynamik und der Legitimation politischer Autorität erkennen.”

Der Austritt aus der Komfortzone ist sicherlich Schmerzhaft, aber neue Erkenntnisse beruhen darauf offen zu sein für andere Perspektiven. Die Kritik an der Neurowissenschaft es an Offenheit fehlen zu lassen nimmt beständig zu. Erst dieser Tage erschien Beispielsweise “Die Illusion der Gewissheit” von Siri Hustvedt: https://www.deutschlandfunkkultur.de/siri-hustvedt-die-illusion-der-gewissheit-angriff-auf-die.950.de.html?dram:article_id=418005

Die Neurowissenschaft braucht daher bessere Antworten wie “das haben wir aber schon immer so gemacht.”

Man mag die Angriffe als “unwissenschaftlich” abtun und sich über die “Ahnungslosigkeit” der Philosophen und Geisteswissenschaftler amüsieren aber das wird auf Dauer der Kritik nicht gerecht.

Nur ständige Selbstkritik und Offenheit gegenüber neuen Ansätzen verspricht Erkenntnis.

@Martin Weger: Ihre Aussage erinnert mich eigentlich eher an die Aussage von Lord Kelvin im 19Jh: “There is nothing new to be discovered in physics now. All that remains is more and more precise measurement”.

Jaromir. Ich hoffe doch, dass mein Festhalten an der Falsifizierbarkeit der Naturwissenschaften eher der Ausdruck davon ist, diese wunderbar präzise Art, Natur zu erforschen, nicht zu verlieren. Wenn Sie hier in diesem Blog meine Begeisterung für das Neue nicht erkennen, das sich jetzt für uns in der Hirnforschung, ja, in allen Naturwissenschaften, dank künstlichen neuronalen Netzen auftut, ist es zwar etwas traurig für mich, ändern kann ich’s aber auch nicht.

Trotzdem hoffe ich, dass andere Leser und Kommentatoren diese Begeisterung merken. Wo habe ich, bitte schön, wie Lord Kelvin gesagt, dass schon alles entdeckt wurde? Ich habe ja nur geschrieben, dass alles, was experimentell belegt werden könne, sich in den Naturwissenschaften durchsetzen werde. Eine zusätzliche Annahme macht nur dann Sinn, wenn sie das Problem nicht ins Unbeweisbare verlagert. Vorläufig liefert die Hirnforschung bessere (experimentell beweisbare) Ergebnisse auch für das Verständnis unseres Bewusstseins als die Quantenphysik. Na, ja, mit Lord Kelvin verglichen zu werden, darauf kann man auch stolz sein. ?

@Martin Weger; Da haben Sie wohl einiges missverstanden, was sich schon in ihren Links zeigt:

Das Buch ist ganz sicher bildungsschwer, aber tatsächlich argumentiert Hustvedt nicht stringent. Vieles reißt sie nur an, wechselt ständig die Themen und wiederholt sich dabei.

Die Kritik an der Gewissheit richtet sich nicht gegen die Wissenschaft, sondern vielmehr gegen die Gesellschaft, die von der modernen Wissenschaft noch nichts gelernt hat, oder aber gerade die Ungewissheiten ablehnt, siehe z.B. Klimawandel oder hier in diversen Blogs die Gegner der Relativitätstheorie!

Wissenschaft ist gerade die Suche nach Gewissheiten, oder genauer, die Minderung der Ungewissheiten. Die Beseitigung aller Ungewissheiten ist nicht möglich, das ist die wichtigste Erkenntnis des vergangenen Jahrhunderts, die auch Einstein nicht akzeptieren wollte. Mit dem freien Willen hat das aber nichts zu tun. Das ist wiederum Ihr Unverständnis.

@Jaromir Konecny wow! Ich habe also ihnen abverlangt der Falsifizierbarkeit abzuschwören? Ich lass die Diskussion hier ruhen da offensichtlich keine ernsthafte auseinandersetzung über die Prämissen der Hirhnforschung gewollt ist.

Mir bleibt, dass die hier Diskutierenden nicht eingestehen wollen, dass sie reduktionistische Grundannahmen machen wenn es um Gehirnforschung geht. Die grundsätzliche Behauptung, dass das Geist unabhängig von Gehirn und Körper ist und sich in klassischen Computern simulieren lässt bleibt unhinterfragt. Die Fragen die die Quantenmechanik, insbesondere Roger Penrose bezüglich der Natur des Bewusstseins aufwirft, werden ignoriert. Der Mensch wird betrachtet als deterministische, biologische Maschine und Bewusstsein und freier Wille sind entweder eine Illusion oder entstehen durch einen magischen Effekt der Emergenz für den es keinerlei Belege gibt. All das wird verteidigt mit der Berufung auf poppersche Falsifizierbarkeit während Kritik von aussen als esoterisch oder pseudowissenschaftlich diffamiert wird.

Vielen Dank für die erhellende Diskussion.

PS: Hier noch ein Video von 2min von Siri Hustvedt die hier Ihre Kritik an der Neurowissenschaft darlegt (da mir offenbar missverständnis ihrer Motivation unterstellt wurde): https://www.youtube.com/watch?v=Tuv4OK06Ozw

@Martin Weger; Es wurde schon dargelegt, dass Quanteneffekte allgegenwärtig sind in der Welt. Das heißt, sie sind in den Naturgesetzen bereits enthalten und bilden keine zusätzlichen Effekte, die auf die Hirnprozesse beschränkt wären. Beispielsweise die Vakuumfluktuationen, die hin und wieder vorgebracht werden, haben keine physikalischen Effekte. Es sind Scheineffekte, die postuliert werden, um die Physik konsistent zu halten, eben weil die Realität nicht durchgängig determiniert ist.

Sie rennen nur offene Türen ein und bringen nichts Neues. Der freie Wille ist eine ganz andere Kategorie und hat nichts mit physikalischen Ungewissheiten zu tun. Man sollte erst analysieren, was freier Wille eigentlich bedeutet, was wirklich damit gemeint ist, denn der freie Wille ist keineswegs frei. Der Wille ist an die Möglichkeiten und Grenzen des Körpers gebunden und entspringt den Erinnerungen, Kenntnissen, Erfahrungen und Wahrnehmungen. Man kann nicht wollen was man will.

Willensfreiheit. Wenn man im “luftleeren Raum” argumentiert, dann hat der Wille keine Grenzen, man kann wollen, was die Phantasie hergibt. In der Wirklichkeit aber ist der Wille auf die Möglichkeiten des Handelns beschränkt. Wenn ich Sekt trinken will, dann macht es nur Sinn, wenn ich weiß oder vermute, dass Sekt verfügbar ist. Mit neurologischem Determinismus oder mit quantenphysikalischen Ungewissheiten hat es nichts zu tun, es wäre nur eine unnötige Steigerung der Kompliziertheit durch irrelevante Annahmen, im Widerspruch zu Occams Rasiermesser.

Der Philosoph Clemens Brentano hat das Bewusstsein mit Intentionalität identifiziert. Das heißt, das Bewusstsein ist immer auf etwas gerichtet, einen Gegenstand, ein Ereignis, einen Zustand, einen Vorgang oder auch einen Wunsch oder ein Ziel. Die Intentionalität ist verwandt mit Information als binäre Relation. Der Satz “ich liebe dich” entspricht sowohl dem Verständnis der Intentionalität als auch der Information. Ebenso ist der Wille als Teil des Bewusstseins auf etwas gerichtet, mit dem Ich als Subjekt “ich will x”.

Charakteristisch für die Intentionalität ist die sogenannte “intentionale Inexistenz”, d.h. die Objekte der Intentionalität existieren notwendig in der immanenten Vorstellung. Wenn man auch den Willen nur auf die Vorstellung bezieht, dann ist er trivialerweise frei.

Ich meine, es ist in erster Linie eine Definitionsfrage ob Quanteneffekte „unterhalb“ der „normalen“ Physik eine Rolle spielen. Einerseits ist es eine Frage ob man die Quantenphysik zur Klärung einer Frage benötigt, andererseits ist es eine Tautologie wenn man behauptet alles „läuft“ im Rahmen der Quantenphysik. Z.B. werden die Effekte in den Photozellen eher der Quantenphysik zugerechnet vermutlich weil sozusagen „Substanzen“ keine Rolle spielen.

Licht spielt aber auch, abgesehen von der Photosynthese bei Pflanzen, auch in der Tierwelt (vermutlich auch beim Menschen) eine Rolle. Es gibt nun einmal nachtaktive Tiere wie z.B. auch die Katzen. Licht oder kein Licht, nimmt offenbar Einfluss auf die Verhaltenssteuerung.

Manche eher philosophisch orientierte Wissenschaftler ziehen sich auf einen reinen Formalismus zurück. Ist ein „Beistrich“ in der Argumentationskette falsch gesetzt, ist die ganze Kette hinfällig. Der Schwachpunkt in der Neurologensicht ist meiner Meinung nach in diesem Sinne die (UND) Gatterfunktion des Neuron, die in der „Realität“ nur statistisch erfüllt wird, was aber genau der Grund für das nicht absolut deterministische, sondern für das „launenhafte“ Verhalten des Menschen ist. Ich würde vor allem nicht ausschließen, dass z.B. Licht eine Rolle spielt. Nicht nur auf der Haut, sondern dass Licht auch auf die neuronalen Prozesse Einfluss nimmt. Zumindest in der Sensorik könnten diese Prozesse, falls man es nicht einfach per Definition (im Zusammenhang mit dem Welle Teilchen Dualismus) ausschließt, eine Rolle spielen. Vielleicht könnten die Wirkungsmechanismen in der „Empfindungssensorik“ tatsächlich von Quantenphysikern besser erklärt werden. Es hilft überhaupt nichts, wenn die halbwegs gesicherten Erkenntnisse der Neurologie einfach abgelehnt werden ohne dass gesicherte bessere Erkenntnisse vorliegen.

@Elektroniker; Selbstverständlich können Quantenphysiker wertvolle Beiträge leisten bei der Erforschung physiologischer Vorgänge, besonders beim Sehen. Gerade der Sehvorgang ist weitgehend erforscht. Solche Quanteneffekte sind auch in der Tier- und Pflanzenwelt zu beobachten. Die Frage ist nur, ob sie spezifisch oder exklusiv ursächlich sind für das Bewusstsein, den menschlichen Geist oder für den freien Willen. Das ist zu bezweifeln.

Es gibt keine empirischen Befunde, dass Quanteneffekte eine besondere Bedeutung hätten, außer dass es sie überhaupt gibt. Quanten gibt es auch in der kosmischen Strahlung, als Myonen und Neutrinos, neben den Photonen der elektromagnetischen Strahlung. Die Welt ist gesättigt mit Quanten.

Hier ein Beitrag des SciViews-Autor Christian Honey zu unserem Thema:

https://spektrum.de/video/laesst-sich-bewusstsein-uploaden/1572622

Das im Link referenzierte Video von H. Lesch ist interessant.

Nach dem derzeitigen Stand der Forschung dürfte es 2 grundsätzliche Antworten geben.

1) Das „Weiterleben nach dem Tod“ könnte als Computersimulation erfolgen, dann hat der Weiterlebende selbst nicht wirklich was davon. Allerdings für die Umgebung könnte annähernd eine Illusion entstehen, fast so als würde der Verstorbene weiterleben, zumindest könnte er auf Fragen so antworten als würde er weiterleben. Man könnte vielleicht sogar steuern wie der verstorbene „weiterlebt“. Ob er sich seiner besonderen Art entsprechend weiterentwickelt, oder auf seinem letzten Status beharrt. Könnte aber auch ein anderer Status sein, z.B. vor der letzten Krankheit, vor der Scheidung, oder mit dem Status als 20 Jähriger…. .

2) Das Weiterleben könnte aber auch, sachlich gesehen wie das Weiterleben nach einer Art „Dauernarkose“, wenn die Lebensprozesse für z.B. 100 Jahre unterbrochen werden, gesehen werden. Dabei treten vermutlich die bereits bekannten Probleme auf. Ob ein 100 Jähriger noch etwas davon hat, wenn er sozusagen weitere 100 Jahre „schläft“, ist eine andere Frage. Aber prinzipiell würde es eben weitergehen wie nach einer Narkose wenn das Konnektom und der Körper nicht geschädigt wird.

Für die Wissenschaft wäre dies zweifellos interessant, weil bei einem derartigen Forschungsprojekt so nebenbei andere Fragen geklärt werden könnten. So wie z.B. die zunächst völlig sinnlos scheinenden Weltraumasteliten so nebenbei sinnvolle Anwendungen und eine Unmenge an Forschungsergebnisse gebracht haben. Vom Satellitenfernsehen, Navisysteme für den Verkehr, Schwerelosigkeit …

Danke, Jaromir Konecny, für den Hinweis auf Lesch und den kritischen Aufsatz von SciViews-Autor Christian Honey.

Honey schreibt in seiner Kritik:

Zwar hat Harald Lesch Recht, wenn er sagt, dass das Bewusstsein vermutlich eine emergente Eigenschaft ist, also eine, die man nicht aus den Eigenschaften der Bausteine des Nervensystems vorhersagen kann. Aber das ist kein Grund zur Annahme, dass die emergente Eigenschaft Bewusstsein nicht auch in künstlichen Systemen entstehen kann, beispielsweise in solchen, die die Struktur eines bestimmten Gehirns perfekt nachbilden. Das zu behaupten, ist ein banaler Fehlschluss.

. Ist es wirklich ein Fehlschluss, zudem ein banaler? Wenn ich das Konzept mit der Emergenz richtig verstanden habe, dann resultiert die emergente Eigenschaft des Systems aus den dem System zugrundeliegenden Teilen. Beispiel: Die einem Atom zugrundeliegenden Quantenfelder ergeben immer die unvorhersagbaren, emergenten Eigenschaften dieses Atoms.

Die Idee, ein anderes Objekt als das Gehirn, gebildet aus anderen Bestandteilen als das Gehirn, könne die gleichen emergenten Systemeigenschaften besitzen wie eben das Gehirn selber, wenn nur die Vernetzung der Meso-Strukturen (Neuronen im Falle des Gehirn, was-auch-immer im Falle des künstlichen Gebildes) dem des Gehirns entsprechen würden, steht doch absolut im Widerspruch zu der Vorstellung, emergente Eigenschaften seien eben solche, deren Auftauchen nicht vorhersagbar ist.

Lesch hat einen guten Punkt, den Christian Honey in seiner Kritik ignoriert: Das bewusste Gehirn ist ein lebendiges Gebilde. Die Tatsache, dass die Eigenschaft „Bewusstsein“ verschwindet, sobald es nicht mehr lebendig ist, auch wenn die Strukturen noch vorhanden sind, sollte zu denken geben.

Welche Eigenschaften in künstlichen Netzen emergieren, wenn überhaupt, werden wir erst dann wissen, wenn es soweit ist. Wäre es anders, wären die Eigenschaften nicht emergent.

Balanus: “Die Idee, ein anderes Objekt als das Gehirn, gebildet aus anderen Bestandteilen als das Gehirn, könne die gleichen emergenten Systemeigenschaften besitzen wie eben das Gehirn selber, wenn nur die Vernetzung der Meso-Strukturen (Neuronen im Falle des Gehirn, was-auch-immer im Falle des künstlichen Gebildes) dem des Gehirns entsprechen würden, steht doch absolut im Widerspruch zu der Vorstellung, emergente Eigenschaften seien eben solche, deren Auftauchen nicht vorhersagbar ist”.

Das sehe ich auch so. Selbst wenn es in hundert oder mehr Jahren gelingen würde, ein (menschliches) Gehirn samt Peripherie (sprich: embodiment) bis auf molekulare Strukturen hinunter in Silizium oder einem andern Material zu simulieren, wäre das Ergebnis nicht das Gleiche wie beim Original. Fraglich, ob überhaupt emergente Eigenschaften in so einem simululierten System entstünden. Denkbar aber nicht bewiesen ist, dass wirklich nur auf der bekannten biologischen Hardware “Fleisch und Blut” bewusste Prozesse ablaufen können und dass eine 100% Simulation eines menschlichen Nervensystems mit allem Drum und Dran zu einem andern Ergebnis führt.

Man stelle sich einen Roboter, oder besser gesagt: Androiden vor, der im Jahr 2200 nicht mehr von einem Menschen zu unterscheiden wäre. Sein Gehirn ist künstlich, also nicht biologisch, zum Beispiel “positronisch (Asimov ) Der Androide verhält sich genau so wie ein normaler Mensch: man kann mit ihm sprechen, er hat sogar eine verdammt gute Allgemeinbildung, er verrichtet Dinge, zeigt Emotionen, hat Humor, kann sich freuen und ärgern, etc. Einzige Ausnahme: er muss nichts essen und trinken und demnach auch nicht aufs Klo.

Jetzt die Frage: hat der Android wirklich echtes Bewusstsein? Hat er ein Ich? Kann er wirklich denken und auch über sich selber und die Welt nachdenken? Die einen Wissenschaftler und Philosophen werden sagen: Nein, das ist nur eine perfekte Simulation, während andere verunsichert sein werden und sich fragen, ob hier nicht emergente Eigenschaften aufgetaucht sind, so dass man dem Androiden echtes Bewusstsein zubilligen muss.

In diesem Zusammehang noch ein interessanter Link:

Lässt sich eine Maschine mit Bewusstsein ausstatten? Gewiss, ist Manuel Blum überzeugt: „Wir sind nahe dran, es ist eine Frage einiger Jahre.“Blum ist Informatikprofessor an der Carnegie Mellon University, Träger des renommierten Turing Award und war kürzlich mit seiner Frau Lenore, ebenfalls Informatikerin

hier noch der Link über Manuel Blum: https://www.profil.at/shortlist/wissenschaft/buehne-denkens-blum-10181759

»Jetzt die Frage: hat der Android wirklich echtes Bewusstsein? «

Und vor allem: Wie ließe sich das überprüfen?

Beim Menschen gehen wir schlicht davon aus, dass jede(r) mit einem bewussten, phänomenalen Erleben ausgestattet ist. Künstliche Intelligenz könnte alles simulieren, nicht-existente Gefühle wie Angst und Trauer vortäuschen, usw. Und wenn eine solche Maschine sich dann auch noch perfekt wie ein Mensch bewegt…

Wir könnten uns vermutlich nicht des irrigen Eindrucks erwehren, dass wir es tatsächlich mit einem bewussten „Wesen“ zu tun haben.

Wenn ich das Konzept mit der Emergenz richtig verstanden habe, dann resultiert die emergente Eigenschaft des Systems aus den dem System zugrundeliegenden Teilen. Beispiel: Die einem Atom zugrundeliegenden Quantenfelder ergeben immer die unvorhersagbaren, emergenten Eigenschaften dieses Atoms.

Der Begriff (nicht das Konzept) Emergenz ist wohl nach wie vor eine Frage der Definition. Das Konzept, das Sie beschreiben entspricht vermutlich dem, was mehrheitlich darunter verstanden wir, es legt für die Definition die unterschiedlichen Eigenschaften zugrunde. Danach wäre auch die Nässe von Wasser eine emergente Eigenschaft, die sich nicht auf die Eigenschaften der zugrunde liegenden Elemente Wasserstoff und Sauerstoff reduzieren lässt. Nach dieser Definition liegt nahe, auch Bewusstsein als eine emergente Eigenschaft des Gehirns zu sehen. Das ist aber nicht meine Definition von Emergenz. Nach ihr ist unser Wissen ein Produkt, das aus den Prozessen des Gehirns als Konnektom emergiert. Unser Wissen ist aber etwas anderes als das Bewusstsein, durch das dieses produzierte Wissen für uns überhaupt erst verfügbar ist. Weshalb ich weder mein Konnektom, noch mein Gehirn, noch die Summe der Einheiten meines Wissens noch mein Bewusstsein bin.

Das bewusste Gehirn ist ein lebendiges Gebilde. Die Tatsache, dass die Eigenschaft „Bewusstsein“ verschwindet, sobald es nicht mehr lebendig ist, auch wenn die Strukturen noch vorhanden sind, sollte zu denken geben.

Dass uns das zu denken geben sollte, meine ich allerdings auch! Was nicht bedeutet, dass Bewusstsein eine Eigenschaft, auch keine emergente, ist. Es “verschwindet” auch nicht nur, sobald das Gehirn nicht mehr lebendig ist, sondern auch unter der Verabreichung einer höheren Dosis von Ananalgetika wie Isofluran. Im ersten Fall finden überhaupt keine Prozesse mehr statt, im zweiten Fall sind sie regellos und unsinnig und produzieren kein Wissen, noch wird es aufrecht erhalten. Bewusstsein muss also auf etwas zugreifen können, was nicht der Fall sein kann, wenn es nur eine Eigenschaft wäre.

Buddha: Bewusstsein ist ein Illusion… Ich kann dem nur zustimmen. In der Meditation können wir erkennen, dass dieses “Bewusstsein” aus einer Aneinanderreihung von Gedanken,Gefühlen und Empfindungen/Wahrnehmungen besteht. Bleiben wir an einem dieser Punkte hängen, so ergeben sich Assoziationsketten, sprich Neubewertungen von alten Wertungen. Bewusstsein ist für mich ein ständiger Prozess von Innen-und Außenbewertungen auf der Basis meiner angelernten Reizreaktionsmuster,Konditionierungen und Programme. Es ist somit eine ILLUSION, da all diese Vorprogrammierungen ,also meine Muster,mein ICH, auch Illusionen sind, da sie nicht der wahren Realität entsprechen.Menschen bewerten somit mit “Illusionen”, also Eigenmustern oder vorgegebenen gesellschaftlichen Mustern(Zeitgeist), ihre Welt.

@Richard Meier; Die Frage, ob Roboter bzw. Maschinen ein Bewusstsein bilden können, ist recht einfach zu beantworten. Roboter können funktional ein Bewusstsein bilden, d.h. sie können denken wie der Mensch, sie können sprechen, Pläne machen und Wünsche äußern, sie können über sich selber sprechen, sofern man ihnen die nötigen Sensoren über ihren eigenen Zustand gibt. Was die Roboter aber nicht können, das ist das bewusste Erleben des Menschen, ihre Wahrnehmungen empfinden, ihre Gefühle und Emotionen erleben.

Zitat Titel: Bin ich tatsächlich mein Konnektom? Das Konnektom identifiziert jedenfalls einen Menschen ebensogut wie sein Fingerabdruck das tut. Nachzulesen in ‘Functional Fingerprint’ May Identify Brains Over a Lifetime(Zitat):

Nach ihren Berechnungen sind etwa 30 Prozent des Connectoms einzigartig für den Einzelnen. Die meisten dieser Regionen neigen dazu, Aufgaben “höherer Ordnung” zu regeln, die mehr kognitive Verarbeitung erfordern. Durch die Berücksichtigung der einzigartigen Aktivitätsmuster in den einzelnen Regionen konnte das Modell eine Person anhand neuer Scans zwei Wochen später identifizieren.

Die Identifikation gelingt aber auch noch nach Jahren und zudem konnten die Autoren die Hirnalterung anhand der Änderung des Konnektoms messen und feststellen, dass in einem altern Körper immer noch ein relativ junges Hirn sein kann und umgekehrt.

ich danke herzlichst für diesen aufwühlenden artikel!!! gruss, agnes

Das freut mich! Ich danke Ihnen!

Liebe Grüße gerade von der Nordsee

Wie wäre es wenn man anders an das Problem heran geht und die Biologie einfach einbaut anstatt nachzubauen, was man (noch) nicht nachbauen kann?

Es wurden bereits menschliche Gehirnzellen in die Gehirne von Nagetieren verpflanzt, die sich dort vernetzt haben, es wurde auch bereits Kommunikation mit einzelnen Nervenzellen durch Lichtsignale aufgebaut. Unsere Nervenzellen kommen also nicht nur mit unserem Gehirn zurecht, sondern auch mit anderen kommunizierenden Umgebungen, in denen sie mit Nährstoffen versorgt werden und überleben können.

Eigentlich ist eine Gehirnzelle zwar sehr kompliziert, aber doch nur eine Maschine, mit Schnittstellen und verständlichen Signalen. Wozu wäre eine KI imstande, die auf einem Computer läuft, der nicht nur künstliche, sondern auch menschliche Neuronen enthält und so komplex ist wie der beste heutige Supercomputer?

Wenn das zu gruselig ist, kann man auch die Neuronen einer Maus nehmen. So wie sich AlphaGo an das Brettspiel GO perfekt angepasst hat, könnte sich auf diese Weise auch ein KNN an einzelne natürliche Neuronen anpassen und mit ihren Signalen nahezu perfekt kommunizieren und funktionieren.

Es wäre bestimmt sehr interessant zu sehen was man mit so einer KI alles machen kann, wenn man sie zum funktionieren bringen könnte, allein schon als Experiment um zu sehen wie ein KNN mit natürlichen Neuronen kommuniziert und sich beide Netze aneinander anpassen und voneinander lernen.

Dieses Experiment weiter gedacht, könnte man statt einzelner Nervenzellen gleich optogenetisch angepasste zerebrale Organoide verwenden, dann hätte man gleich komplexe natürliche neuronale Netze, die man mit KNN verknüpfen könnte um zu sehen wie sich dieses Netz verhält.

So wie der Quantencomputer seine einzigartigen Fähigkeiten aus Quantensystemen bezieht, die wir nicht verstehen, könnte ein solcher Computer andere einzigartige Fähigkeiten aus zwei Millimeter großen natürlichen neuronalen Netzen beziehen, die man idealerweise wie Standardbausteine miteinander verbinden könnte, wenn die Technologie einmal funktioniert. Man könnte so das technologische Problem umgehen, dass wir heute ein natürliches Neuron noch nicht nachbauen können.

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